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Rohr in Rohr: Renovierungsverfahren für private Abwasseranlagen

Beitrag vom 08. November 2016
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offene Bauweise

Horror-Szenario für Eigentümer: Der komplette Vorgarten wird umgegraben. Doch häufig gibt es grabenlose Alternativen für die Sanierung der Anschlussleitungen.

Mit diesem Satz des Prüfers fängt es an: „Ihre Abwasserleitung ist undicht.“ Schon läuft vor dem inneren Auge des Eigentümers ein Film ab: Bagger rollen an, die Rabatten werden umgegraben und hinterher kommt die dicke Rechnung. Doch in vielen Fällen lassen sich private Abwasseranlagen recht unauffällig grabenlos reparieren oder renovieren. In Teil 2 unserer Serie stellen wir die gängigsten Renovierungsmethoden mit ihren jeweiligen Stärken und Schwächen vor.

Teil 1 – Erneuerungsverfahren

Viele Einzelschäden in der Leitung?

Hat die Grundstücksentwässerungsanlage Schäden, die über das Maß von Bagatellen hinausgehen, muss der Eigentümer aktiv werden. Grabenlose Sanierungsverfahren bieten sich dann an, wenn in der Leitung viele Einzelschäden festgestellt wurden oder die Leitung kaum zugänglich unter der Bodenplatte oder unter versiegelten Flächen, im öffentlichen Verkehrsraum oder in großer Tiefe verlegt ist. Die Auffahrt, der Vorgarten und die Straße bleiben hierbei intakt, denn für die meisten dieser Verfahren reicht ein Schacht oder sogar eine Revisionsöffnung als Zugang aus. Allenfalls können kleine Baugruben an den Endpunkten der Haltung notwendig sein.

Schlauchlining: Der Star, aber nicht die einzige Option

Das in der Grundstücksentwässerung am weitesten verbreitete Renovierungsverfahren ist das Schlauchlining, bei dem ein harzgetränkter Gewebeschlauch in die Leitung eingebracht wird und dort aushärtet. Daneben gibt es eine Vielzahl weiterer Renovierungsverfahren, die grundsätzlich auch in der Grundstücksentwässerung eingesetzt werden können. Dazu zählen unter anderem das Einzelrohr-Lining, das Rohrstrang-Lining und das Close-Fit-Lining.

Gute Alternativen, wenn’s nur geradeaus geht

grafik-uebersicht-sanierungsverfahren-grundstuecksentwaesserung-320Diese Renovierungsverfahren werden in der Grundstücksentwässerung im Vergleich zum Schlauchlining eher selten eingesetzt. Das liegt daran, dass diese Verfahren kaum bis gar nicht bogengängig sind und deshalb nur in geraden Strecken einsetzbar sind. Zuläufe müssen aufwendig angebunden werden. Auch sind teilweise Start- und/oder Zielbaugrube herzustellen. Dieser erhöhte Aufwand macht diese Verfahren gerade bei Ein- und kleineren Mehrfamilienhäusern häufig teurer als das Schlauchlining. Anders kann es aussehen, wenn längere, gerade, unverzweigte Strecken zu renovieren sind.

Pro und Kontra im Überblick

Wir stellen hier die gängigsten Renovierungsverfahren in Form von Steckbriefen vor. Die Reparaturmethoden folgen demnächst. Alle Verfahren werden ausführlich im Forschungsbericht „Konzeption zur Bürgerinformation und -einbindung zu privaten Hausanschlüssen – Phase II“ beschrieben (ab Seite 100), den das IKT im Auftrag des NRW-Umweltministeriums erstellt hat. Im Rahmen dieses Forschungsprojekts wurden auch viele praktische Broschüren und Arbeitshilfen entwickelt. Die Lektüre lohnt sich!
Download Forschungsbericht

Sanierungsverfahren für private Abwasserleitungen
Teil 2: Die Renovierung

Schlauchlining

grafik-sanierung-grundstuecksentwaesserung-renovierung-schlauchlining-320Beim Schlauchlining-Verfahren wird ein harzgetränkter flexibler Gewebeschlauch mit Luft- oder Wasserdruck in das Rohr eingebracht, an die Rohrwandung gepresst und dann mittels Warmwasser, Dampf oder Licht ausgehärtet. Die Renovierung mittels Schlauchlining ist ein sehr häufig eingesetztes Verfahren zur Sanierung von Grundstücksentwässerungsleitungen in Nennweiten ab DN 100.

Vorteile

  • bei vielen Schadensbildern einsetzbar
  • Abdichtung gegen Exfiltration und Infiltration möglich
  • bogengängig
  • auch unter sehr eingeschränkten Platzverhältnissen einsetzbar
  • eine Revisionsöffnung reicht als Zugang oft aus
  • neue Verfahren ermöglichen die Renovierung vom Hauptkanal aus
  • Sanierung der gesamten Leitung in einem Schritt
  • Stabilisierung des Altrohrzustands
  • relativ kostengünstig im Vergleich zur offenen Bauweise
  • relativ lange Nutzungsdauer (25 bis 40 (50) Jahre) im Vergleich zu Reparaturverfahren

Nachteile

  • Herstellung auf der Baustelle, Qualität abhängig vom sorgfältigen Einbau
  • zum Teil Vorarbeiten erforderlich
  • geringer Beitrag zur Verbesserung der Standsicherheit, deshalb nicht bei jedem Schadensbild einsetzbar
  • Verringerung des Leitungsquerschnitts (hydraulischer Nachweis erforderlich)

Relevante Regelwerke und Dokumente

  • DIN SPEC 19748
  • DIN 1986-30
  • ATV-M 127-2

Liner-Prüfung

Schlauchlinerprobe in Prüfgerät

Prüfung der Tragfähigkeit eines Schlauchliners: Drei-Punkt-Biegeversuch an Schlauchlinern in der IKT-Prüfstelle

Wenn das Endprodukt nicht aus der Fabrik kommt, sondern wie beim Schlauchlining unter schwer kontrollierbaren Bedingungen auf der Baustelle entsteht, ist die Qualitätssicherung besonders wichtig. Deshalb schicken viele Netzbetreiber und auch immer mehr Anwender Proben der eingebauten Liner ins Labor der neutralen und unabhängigen IKT-Prüfstelle. Dort werden die Liner-Proben auf Dichtheit, Biegefestigkeit, Elastizität und Einhaltung der zugesagten Wanddicke geprüft. Auf Wunsch können weitere Parameter untersucht werden.
IKT-Prüfstelle für Schlauchliner

Seit 2004 fasst die IKT-Prüfstelle jährlich die Ergebnisse aller Schlauchliner-Prüfungen im LinerReport zusammen und liefert damit eine Übersicht der tatsächlich am Markt erzielten Ausführungsqualitäten.
zu den LinerReports der vergangenen Jahre

Close-Fit-Lining

grafik-sanierung-grundstuecksentwaesserung-renovierung-close-fit-320Das Close-Fit-Lining kann grundsätzlich auch in der Grundstücksentwässerung eingesetzt werden. Bei diesem Verfahren werden vorab verformte Rohre aus thermoplastischen Kunststoffen in die Abwasserleitungen eingezogen und durch heiße Luft unter Druck in ihre ursprünglich kreisrunde Form zurückgeführt. Im Ergebnis liegt der Liner eng an der Altrohrwandung an (Close-Fit).

Vorteile

  • Sanierung der gesamten Leitung in einem Schritt
  • Verlegung von Schacht zu Schacht oder Revisionsöffnung möglich
  • lange Nutzungsdauer bis zu 40 Jahre
  • relativ kostengünstig im Vergleich zur offenen Bauweise

Nachteile

  • nicht bei jedem Schaden einsetzbar
  • Start- und Zielbaugrube erforderlich, falls keine Schächte oder Revisionsöffnungen vorhanden sind
  • grundsätzlich nur in geraden Leitungen ohne Bögen und Unregelmäßigkeiten einsetzbar
  • Leitungsquerschnitt wird reduziert (hydraulischer Nachweis erforderlich)

Relevantes Merkblatt
ATV-DVWK-M 143-11

IKT-Veranstaltungen zum Thema

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Fortbildung: DIN 1986-30
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IKT-Weiterbildung Jahresübersicht 2017
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Einzelrohr-Lining

Beim Einzelrohr-Lining werden Kurzrohre zum Beispiel aus Kunststoff oder Steinzeug in die zu sanierende Leitung eingeschoben oder eingefahren. Der Einschub der Kurzrohre erfolgt in der Regel über Revisionsschächte. Die Rohre verfügen über Steckverbindungen und werden während des Einbaus in der Baugrube zu einem durchgehenden Rohrstrang verbunden. Der Außendurchmesser der Kurzrohre ist kleiner als der Innendurchmesser der zu sanierenden Leitung. Die Zulaufanbindungen werden in der Regel in offener Bauweise ausgeführt.

Vorteile

  • Sanierung der gesamten Leitung in einem Schritt
  • relativ kostengünstig im Vergleich zur offenen Bauweise
  • lange Nutzungsdauer bis zu 40 Jahre

Nachteile

  • grundsätzlich nur in geraden Leitungen ohne Bögen und Unregelmäßigkeiten einsetzbar
  • Leitungsquerschnitt wird reduziert (hydraulischer Nachweis erforderlich)

KomNet Abwasser: Netzwerk für bürgernahe Stadtentwässerung

KomNet-Jahrestreffen

Wissen, Beratung, Austausch: Das KomNet Abwasser unterstützt seine Mitglieder bei der Etablierung einer bürgernahen Stadtentwässerung.

Das Kommunale Netzwerk KomNet Abwasser ist eine kommunale Initiative von fast 50 Abwasserbetrieben für eine bürgernahe Stadtentwässerung. Das IKT organisiert und moderiert das KomNet und berät die beteiligten Kommunen technisch und organisatorisch.

Das KomNet Abwasser bietet seinen Mitgliedern:

  • Weiterbildung: Kostenfreie Teilnahme an IKT-Seminaren für alle Mitarbeiter
  • Technische Beratung: Antworten zu allen Fragen der Sachbearbeitung
  • Materialien für die Öffentlichkeitsarbeit: Broschüren, Flyer, Internetseiten…
  • Qualitätssicherungs- und Forschungswissen: Argumentationen und Stellungnahmen
  • Unterstützung bei der konzeptionellen Umsetzung der Abwasserbeseitigungspflichten

Mehr über das Kommunale Netzwerk Abwasser und seine Tätigkeiten: www.komnetabwasser.de
Jetzt informieren und Mitglied werden!

Rohrstrang-Lining

Beim Rohrstrang-Lining werden Langrohre zum Beispiel aus Kunststoff eingesetzt. Der Einzug der Rohre erfolgt über eine Einziehbaugrube. Bei diesem Renovierungsverfahren können auch vorgefertigte flexible und bogengängige Rohre eingesetzt werden. Der Anschluss der Zulaufanbindungen erfolgt in der Regel durch Kleinbaugruben. Neue Techniken ermöglichen durch den Einsatz von Kanalrobotern die grabenlose Zulaufanbindung im Nennweitenbereich DN 150. Der Ringspalt zwischen Liner und Altrohr kann mit einem Dämmer hohlraumfrei verfüllt werden.

Vorteile

  • bedingt bogengängig
  • Ringspalt kann verfüllt werden
  • relativ kostengünstig im Vergleich zur offenen Bauweise

Nachteile

  • Einziehbaugrube notwendig
  • Zulaufanbindung aufwendig mit Baugrube oder Robotertechnik
  • Verringerung des Rohrquerschnitts (hydraulischer Nachweis erforderlich)

Teil 1 – Erneuerungsverfahren

Demnächst:
Teil 3 – Reparaturverfahren

Ansprechpartner

Dipl.-Ing. Marco Schlüter
Telefon: 0209 17806-31
E-Mail: schlueter@ikt.de

 

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