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IKT-eNewsletter Mai 2012
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Auf dem Prüfstand: Feinstoffe aus Regenwasser trennen

Im Labor und in-situ wurde die dezentrale Niederschlagswasserbehandlungsanlage Sedi®-Pipe XL 600/12 genau untersucht.

Labor und Praxis

Im Auftrag des Herstellers hat das IKT die Niederschlagswasserbehandlungsanlage Sedi®-Pipe XL 600/12 auf Herz und Nieren geprüft. Weitergehende Insitu-Beobachtungen durch die Grontmij GmbH hatten die Praxistauglichkeit der Sedi®-Pipe im Fokus.

Sedi®-Pipe XL (600/12) im IKT

Laut Hersteller, der Fränkischen Rohrwerke Gebr. Kirchner GmbH & Co KG, soll die Sedi®-Pipe mittels Schwerkraft Feinstoffe aus dem Regenwasser abtrennen. Dazu durchfließt das von Oberflächen abgeleitete Wasser die Anlage von einem Startschacht über ein im Gegengefälle angeordnetes Sedimentationsrohr zum Zielschacht. Um eine Remobilisierung der sedimentierten Stoffe bei stärkeren Regenereignissen zu vermeiden, ist nach Herstellerangabe im Sedimentationsrohr ein Strömungstrenner unterhalb des Kämpfers angeordnet. Darüber hinaus sollen Leichtstoffe wie z.B. Mineralölkohlenwasserstoffe über eine Tauchwand im Zielschacht zurückgehalten werden.

Rückhalt von Fest- und Schadstoffen

Ziel der Laborversuche war es, den Rückhalt von vier unterschiedlichen Feststoffarten sowie den Rückhalt von Kohlenwasserstoffen zu ermitteln. Zur Ermittlung des Feststoffrückhalts wurden folgende Stoffe eingesetzt:

  • Parameter 1:
    Feinkörnige, mineralische, abfiltrierbare Stoffe (AFS, Quarzmehl MILLISIL W4) in Anlehnung an die Zulassungsgrundsätze des Deutschen Instituts für Bautechnik DIBt (vgl. [1])
  • Parameter 2:
    Grobkörnige, mineralische, abfiltrierbare Stoffe (AFS, Kies-Sand-Gemisch mit einer Korngrößenverteilung zwischen 0,1 mm und 4,0 mm) (vgl. [2])
  • Parameter 3:
    Grobkörnige Schwebstoffe als Granulat aus PE (Polyethylen), schwimmend mit einer Dichte von ρ = 0,95 g/cm³ (vgl. [2])
  • Parameter 4:
    Grobkörnige Schwebstoffe als Granulat aus PS (Polystyrol), absinkend mit einer Dichte von ρ = 1,05 g/cm (vgl. [2])

Anhand der Bilder unten ist erkennbar, dass ein Teil des zugegebenen Quarzmehls bereits im Startschacht zurückgehalten wurde. Im Einlaufbereich des Sedimentationsrohres war deutlich sichtbar, dass sich MILLISIL zum einen unterhalb des "Strömungstrenners" und zum anderen im Randbereich des "Strömungstrenners" abgesetzt hat.

Nach Abschluss der stofflichen Untersuchungen:
Links: Zulaufbereich in das Sedimentationsrohr
Rechts: Strömungstrenner im Einlaufbereich des Sedimentationsrohres

Zusammenfassend wurden die folgend dargestellten Rückhaltewerte ermittelt:

In-Situ-Untersuchungen

Zusätzlich zu den Laborversuchen im IKT wurde eine auf dem Gelände der Universität in Köln eingebaute Sedi®-Pipe basic 400/6 in das Untersuchungsprogramm mit einbezogen. Diese Untersuchungen wurden durch die Grontmij GmbH durchgeführt. Ziel dieser In-situ-Untersuchungen war die Beobachtung und Beurteilung einer Sedi®-Pipe im Betrieb.

Links: Ausschnitt aus dem Ausführungsplan
Rechts: Örtliche Gegebenheiten an der Uni Köln, Biozentrum

An die Sedi®-Pipe basic 400/6 können laut Herstellerangabe max. 2.500 m² befestigte Flächen angeschlossen werden. Tatsächlich sind im vorliegenden Fall 2.370 m² Dach- und Hofflächen angeschlossen. Der Start- und Zielschacht haben eine Nennweite DN 500, die Sedimentationsstrecke eine Nennweite DN 400 und eine Länge von 6,0 m. Seit der Inbetriebnahme im Jahr 2006 fand nach Aussage des Betreibers der Anlage keine Reinigung oder Wartung der Anlage statt.

Füllkörperrigole mit Inspektionsschacht während der Bauphase

Die Anlage wurde einer Erstbesichtigung unterzogen und die Planungsunterlagen mit den tatsächlich vor Ort festgestellten Bedingungen verglichen. Anschließend erfolgte eine intensive Untersuchung der Anlage. Diese gliederte sich in folgende Arbeitsschritte:

  • Absaugen des in der Anlage vorhandenen Wassers mittels Saugwagen
  • Inspektion des Start- und Zielschachtes und Messung des vorhandenen Schlammspiegels
  • Inspektion des Sedimentationsrohres mit einer Kanalinspektionskamera
  • Reinigung des Sedimentationsrohres mittels Hochdruckspülung
  • Inspektion des Sedimentationsrohres mit einer Kanalinspektionskamera
  • Inspektion der nachgeschalteten Versickerungsrigole

Darüber hinaus wurde die Anlage (Start- und Zielschacht) über einen Beobachtungszeitraum von fünf Monaten regelmäßig inspiziert und der Schlammspiegel gemessen.

In den nachfolgend dargestellten Bilder ist der Zustand der Sedi®-Pipe vor der Reinigung dargestellt.

Zum Vergleich ist in den nachfolgenden Bildern der Zustand nach der Reinigung dargestellt.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich trotz der langen Zeit in der die Anlage ohne Reinigung betrieben wurde, eine gute Sedimentation der Stoffe erfolgt ist. Bei der Überprüfung des Ablaufschachtes und der dahinter liegenden Rigole konnte festgestellt werden, dass sich Stoffe abgelagert haben. Dies ist auf folgendes zurück zu führen: Zum einen wurde der vom Hersteller empfohlene Wartungszyklus von einem Jahr um das vierfache überschritten. Zum anderen hat nach Beendigung der Bautätigkeit keine Erstreinigung stattgefunden. Vor diesem Hintergrund lässt sich die untersuchte Sedi®-Pipe basic 400/6 mit einer angeschlossenen Fläche von 2.370 m² als robustes System beschreiben, das auch bei scheinbar mangelnder Wartung eine hohe Betriebssicherheit für den Rückhalt der eingeleiteten Feststoffe gewährleisten kann.

Literatur

[1] Zulassungsgrundsätze für "Niederschlagswasserbehandlungsanlagen", Teil 1: Anlagen zum Anschluss von Kfz-Verkehrsflächen bis 2000 m² und Behandlung des Abwassers zur anschließenden Versickerung im Boden und Grundwasser, Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt), Entwurf Februar 2010

[2] Werker, Henning; et al.: Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben "Dezentrale Niederschlagswasserbehandlung in Trennsystemen - Umsetzung des Trennerlasses"; im Auftrag des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW, März 2011.



Dipl.-Ing. Christoph Bennerscheidt
IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur gGmbH
Exterbruch 1
45886 Gelsenkirchen
Tel.: 0209 17806-25
Fax: 0209 17806-88
E-Mail: info@ikt.de
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