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Grundstücksentwässerung: Versickerung auf privaten Grundstücken

Die Versickerung auf privaten Grundstücken ist eine Alternative zur klassischen Abwasserbeseitigung, die zunehmend an Bedeutung gewinnt. Forschungs- und Pilotprojekte zeigen aber, daß der Planungs- und Umsetzungsprozeß von Versickerungsanlagen zeitaufwendig ist. Ein neuer Vorschlag für ein Umsetzungskonzept zielt auf mehr Effizienz und höhere Akzeptanz der Bürger. Auf dem IKT-Forum "Grundstücksentwässerung 2001" stellten Dipl.-Ing. L. Krob und Dipl.-Ing. K. Buchenau ein derartiges Konzept vor. Hier der volle Wortlaut dieses sehr interessanten Vortrags:

Versickerung auf privaten Grundstücken
Autoren: Krob, L. 1; Buchenau, K. 2
1. Einführung
2. Vorschlag für ein Umsetzungskonzept
3.
Abb. 1 Methodisches Vorgehen beim Aufbau des Informationssystems

1. Einführung

In den kommenden Jahren werden viele Kommunen gezwungen sein, ihre vorhandenen Oberflächenentwässerungseinrichtungen zu sanieren bzw. in der Konzeption zu verändern, da sie

  • baulich nicht mehr den aktuellen Anforderungen entsprechen,

  • hydraulisch überlastet sind und/oder

  • neue Einleitungsanträge für auslaufende wasserrechtliche Genehmigungen bzw. für Neuanträge gestellt werden müssen, wobei sich die Einleitungsbedingungen in der Regel verschärfen werden (ggf. auch Anpassung bestehender Genehmigungen an aktuelle gesetzliche Vorgaben).

Die Auflagen und die einzuhaltenden Bedingungen für derartige Einleitungen sind von Seiten der Gesetzgeber in den letzten Jahren zum Teil erheblich verändert worden. Es kristallisiert sich heraus, dass individuelle Lösungen mit einer Minimierung der Bau- und Unterhaltungskosten zukünftig gefordert sind. Hier haben Verfahren der Versickerung auf privaten Grundstücken, d.h. der naturnahen Regenwasserbewirtschaftung deutliche Vorteile gegenüber konventionellen Lösungen. Auch ist von Seiten der Kommunen das Bemühen erkennbar, den Einzelnen überall dort, wo es für das Allgemeinwohl vertretbar ist, wieder mehr in die Verantwortung zu nehmen (Bsp. Grundstücksentwässerung).

Die bisherigen Konzeptionen der Oberflächenentwässerung waren darauf ausgerichtet, das anfallende Wasser möglichst auf kürzestem Wege zu sammeln und aus dem Gebiet abzuführen. Es wurde hierbei, unabhängig, ob es sich um ein städtisches Gebiet oder um den ländlichen Raum handelt, ein vergleichsweise hoher Entwässerungsstandard entwickelt und gefahren. Dieses Prinzip hat, wie mittlerweile erkannt worden ist, wasserwirtschaftlich und ökologisch gesehen erhebliche Nachteile.

Die Nachteile des Ableitungsprinzips baulich zu beseitigen (zum Beispiel durch Rückhaltebecken, Kanalstauräume etc.), heißt in der Regel erhebliche Kosten aufzuwenden. Auch aus Sicht des Umweltschutzes sind diese Maßnahmen, auch wenn sie den positiven Zweck der Abflußdrosselung und des Fließgewässerschutzes verfolgen, nicht unbedingt eine Verbesserung der jeweiligen Situation. Die Anlage von Rückhaltebecken kann durch die Flächeninanspruchnahme zu einer erheblichen Beeinträchtigung von Natur- und Landschaft führen. Durch eine möglichst naturnahe Gestaltung kann der Konflikt zwar gemindert werden, es ist aber in jedem Fall die Abwägung zwischen einer naturnahen Ausbildung mit einem relativ hohen Flächenbedarf und einer technischen Lösung bei geringem Flächenbedarf zu führen, wobei die Flächenverfügbarkeit oft schon der limitierende Faktor ist.

Diese Problematik hat die Suche nach Alternativen bewirkt, die als Voraussetzung den gleichen oder einen vergleichbaren Entwässerungskomfort gewährleisten. Das "Konzept der naturnahen dezentralen Regenwasserbewirtschaftung" hat sich hieraus entwickelt und bietet neben der Einhaltung der oben genannten Standards vor allem auch aus hydrologischer Sicht diverse Vorteile und eine hohe Flexibilität in der Anwendung bei vergleichsweise geringeren Kosten. Es wird hierbei in das bestehende, über lange Jahre gewachsene Entwässerungskonzept eingegriffen und dieses sukzessive verändert.

Bei der Durchführung von dezentralen Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen kann der Direktabfluß erheblich reduziert werden. Als positiver Effekt wird der Trockenwetterabfluß erhöht. Bei fachlich korrekter Konzeption ist mit dezentralen Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen mittels Erhöhung von Grundwasserneubildungsraten eine Verbesserung der Grundwasserverhältnisse verbunden. Aufgrund der in den letzten Jahren ständig verminderten Grundwassernutzung (Verringerung der Grundwasserförderung zu Trink- und Brauchwasserzwecken, Verringerung von Wasserhaltungsmaßnahmen im Bereich von Bergbautätigkeiten usw.) besteht allerdings das Risiko einer Fehleinschätzung zukünftiger hydrogeologischer Verhältnisse mit z.T. kontraproduktiver Wirkung auf die Akzeptanz dezentraler Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen (Stichwort "nasse Keller").

Aus Forschungsprojekten und beispielhaften Umsetzungen ist deutlich geworden, dass der Planungs- und Umsetzungsprozeß mehr Zeit in Anspruch nimmt als eine kostenintensivere konventionelle Lösung. Der Bürgerberatung und -betreuung kommt hierbei eine nicht zu unterschätzende zentrale Bedeutung zu, um die nötige Akzeptanz zu erzielen. Eine erfolgreiche Umsetzung ist darüber hinaus nur in einem Planungsteam möglich, da die Anlagen einerseits komplexe Fragestellungen aufwerfen und andererseits aber auch viele gestalterische Möglichkeiten beinhalten, die es gilt, für die Konzeption und hierbei auch akzeptanzfördernd zu nutzen.

2. Vorschlag für ein Umsetzungskonzept

Zu entwickelnde Planungskonzepte sollten das Ziel verfolgen, für die jeweiligen Bearbeitungsgebiete im Sinne eines "roten Fadens" möglichst konkret und umsetzungsorientiert Maßnahmen aufzuzeigen und diese exemplarisch umsetzungsreif zu entwickeln. Es sollte der zeitgemäße Ansatz einer "schlanken Planung" verfolgt werden, bei dem regionalplanerische Ansätze mit der konkreten Objektplanung in einem Planungsschritt verknüpft werden. Hilfreich kann dabei auch die Erstellung eines "Informationssystemes Regenwasserbewirtschaftung" sein.

Die Planung einer Regenwasserbewirtschaftung, die den Anforderungen des Boden- und Gewässerschutzes gerecht wird und gleichzeitig einen möglichst geringen Kostenaufwand erfordert, setzt umfassende Kenntnisse der standörtlichen Rahmenbedingungen voraus. Dazu gehören sowohl naturräumliche Gegebenheiten wie Geologie, Klima und Hydrologie als auch anthropogene Einflussfaktoren wie Flächennutzung und Versiegelung. Diese Faktoren beeinflussen einerseits die technische Ausführung der Versickerung, können die Möglichkeiten einer naturnahen Regenwasserbewirtschaftung aber auch generell einschränken.

Als technische Lösungsmöglichkeiten stehen der dezentralen Regenwasserversickerung einerseits oberirdische Versickerungsverfahren, bei denen die Schutz- und Filterfunktion der oberen belebte Bodenschicht genutzt wird (Flächen-, Muldenversickerung, offene Oberflächenentwässerung), andererseits unterirdische Versickerungsverfahren (Rigolen-/Rohrversickerung, Schachtversickerung) zur Verfügung. Möglich sind auch kombinierte Verfahren wie die Mulden-Rigolen-Versickerung.

Das Informationssystem muss zum einen über die naturräumlichen Gegebenheiten Auskunft geben. Von besonderer Relevanz sind dabei

  • die Wasserdurchlässigkeit des Untergrundes,

  • der Grundwasserflurabstand,

  • die Hangneigung.

Daneben ist über die Siedlungsfaktoren - insbesondere über die Flächennutzung, über Luftemissionen sowie potenzielle Bodenverunreinigungen zu informieren. Diese lassen eine Abschätzung der Stofffrachten der Wässer, die versickert werden sollen, zu und geben Auskunft über die zur Versickerung zur Verfügung stehenden Flächen.

Das Informationssystem muss die entscheidungs- und planungsrelevanten Grundlagen für eine naturnahe Regenwasserbewirtschaftung übersichtlich und allgemeinverständlich darstellen.

Relevante Informationen sind aggregiert zusammenzufassen, damit sich auch fachexterne Personen einen schnellen Überblick verschaffen und Chancen und Risiken einer geplanten Regenwasserversickerungsanlage abschätzen können. Gleichzeitig muss die Bewertung der Flächen transparent sein. Bei Bedarf muss auf Detail- und Hintergrundinformationen zurückgegriffen werden können.

Darüber hinaus wird das Informationssystem mit exemplarischen objektbezogenen Untersuchungen und Entwürfen (Beispielplanungen) verbunden. Diese Vorgehensweise ermöglicht eine schnelle Umsetzung regionalplanerischer Ansätze in objektbezogenes Handeln.

Die Informationen sollten nicht nur den für Planung und Genehmigung zuständigen Behörden, sondern auch Bauträgern und der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Dazu sollen Inter- und Intranet genutzt werden.

Daneben sollte das Informationssystem dem Nutzer auch einen Leitfaden zum Umgang mit den gelieferten Daten geben. In diesem Zusammenhang bietet es sich an, Planungsbeispiele für verschiedene denkbare Standortfaktorenkombinationen vorzustellen.

Werden die o. g. Maßnahmen allmählich in das bestehende, über lange Jahre gewachsene Entwässerungssystem eingebunden, sind mit der Umsetzung dezentraler Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen vergleichsweise geringe Kosten verbunden. Für die einfachen Muldensysteme, z. B. im Bereich von Zeilenbebauung, ergeben sich Kosten von unter 10,00 DM/m² Ared. Sind aufwendigere Zuleitungen erforderlich oder werden aus gestalterischen Gründen aufwendigere Materialien verwendet, so erhöhen sich die Kosten auf rd. 30 bis 40 DM/m² Ared. Ein nicht zu vernachlässigender Vorteil für Grundstückseigentümer liegt auch in den guten Möglichkeiten, Eigenleistungen einzubringen.

Abb. 1 Methodisches Vorgehen beim Aufbau des Informationssystems
(nach BUCHENAU 1999, verändert)

Für weitere Informationen
wenden Sie sich bitte an:

1Büro Prof. Dr. Harro Stolpe
Beratende Geowissenschaftler und
Ingenieure GmbH
Universitätsstr. 142
44799 Bochum

2Büro Prof. Dr. Harro Stolpe
Beratende Geowissenschaftler und
Ingenieure GmbH
Gotenstr. 4
20097 Hamburg

oder

Herrn Dr.-Ing. Bert Bosseler
IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur
Postfach 10 09 43, 45809 Gelsenkirchen
Tel.: 0209 17806-0
Fax: 0209 17806-88
Email:bosseler@ikt.de



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