Betreiberpflicht trotz Corona: Kläranlagenabläufe und Drosseleinrichtungen kalibrieren!

Silberne Drosseleinrichtung mit blauem Schieberelement in Betonbauwerk

Drosseln müssen auch in Krisenzeiten regelmäßig überprüft werden. Der IKT-Lehrgang zeigt, wie es geht.

Das Coronavirus hat das Leben ordentlich durcheinander gebracht. Hygienevorschriften, Abstandsregelungen, Kurzarbeit… In manchen Branchen ist alles runtergefahren und nichts mehr wie zuvor. Andere kommen nach starken Einschränkungen so langsam wieder in die Gänge. Und wiederum andere mussten einfach weiter weitermachen. Die Abwasserentsorgung zum Beispiel kann man nicht einfach runterfahren, sonst bekämen wir noch ganz andere Probleme als Corona.

Pflicht bleibt Pflicht

Natürlich gibt es für Abwasserbetriebe und Kläranlagenbetreiber in Krisenzeiten zunächst Wichtigeres als die Überprüfung und Kalibrierung von Drosseleinrichtungen und Abflussmengenmessungen auf Kläranlagen. Aber diese Betreiberpflicht ist auch nicht ausgesetzt. Fristen laufen weiter, die Forderungen der Selbstüberwachungs- und Eigenkontrollverordnungen der Länder gelten weiterhin. Und letztendlich liegt es auch im Eigeninteresse, dass Drosseln und Kläranlagenabläufe richtig eingestellt sind. Also: nichts wie ran an die Drosseln!

Lehrgang: Zertifizierte/-r Sachkundige/-r für die Kalibrierung von Drosseleinrichtungen

17.-20. August 2020 in Eppingen (Prüfung 21. August 2020)
– wasserwirtschaftliche und gesetzliche Zusammenhänge
– hydraulische Kalibrierung
– Praxisübungen: richtig messen und prüfen
Programm und Anmeldung für den Offline-Lehrgang in Eppingen

Rückhalteräume nutzen

Das Kanalnetz ist ein komplexes System, das besonders bei Regenereignissen starken Belastungen ausgesetzt ist. Um bei solchen Ereignissen eine Überlastung zu verhindern, gilt es, die gezielte Nutzung existierender Rückhalteräume zu gewährleisten.

Regenrückhaltebecken zwischen Wiesen und Wäldern

Drosseln regeln unter anderem die korrekte Funktion von Regenrückhaltebecken.

Dazu werden separate unterirdische Bauwerke wie Regenrückhaltbecken errichtet oder einzelne Kanalabschnitte als sogenannte Stauraumkanäle in einem größeren Durchmesser gebaut, als er zur direkten Wasserableitung benötigt wird. Das Einstauen dieser Bauwerke, das heißt das Aktivieren des Rückhaltevolumens, wird mit Drosseleinrichtungen erreicht.

Verordnungen regeln Prüf-Rhythmus

In vielen Bundesländern sind die Betreiber von Abwasseranlagen verpflichtet, diese regelmäßig zu überwachen und – falls erforderlich – Maßnahmen zu deren Instandsetzung einzuleiten. In Nordrhein-Westfalen regelt das zum Beispiel die Selbstüberwachungsverordnung Abwasser (SüwVO Abw NRW). Die Regelungen der Länder haben wir im Infokasten am Ende dieses Artikels für Sie zusammengefasst.

IKT-Warentest „Drosselorgane“

Das IKT hat sechs hydromechanische Drosseleinrichtungen für Regenbecken in einem unabhängigen Warentest vergleichend untersucht. Die Ergebnisse sind breit gestreut: Sie reichen von GUT (2,1) bis MANGELHAFT (5,0).
Lesen Sie hier mehr über den Drossel-Warentest
Ergebnistabelle (PDF)
Warentest-Bericht (PDF)

Um diesen Forderungen in der Praxis nachzukommen ist eine Kalibrierung notwendig. Dabei wird vor Ort durch eine Mengenmessung überprüft, ob die eingebaute Drosseleinrichtung auch unter realen Bedingungen in der Lage ist, den geforderten Durchfluss, für den sie ausgelegt wurde, zu erbringen.

Überprüfung unter realen Betriebszuständen

Blaues Gerät zur Durchflussmessung an Drosselauslauf

Richtig eingestellte Drosseln minimieren auch Schmutzwasserentlastungen in die Umwelt.

Drosseleinrichtungen bestehen aus dem Drosselbauwerk zur Aufnahme des Drosselorgans, dem Drossel-, Regel- oder Steuerorgan selbst sowie der dazugehörigen Mess-, Steuer- und Regeltechnik. Die hydraulische Kalibrierung einer Drosseleinrichtung beinhaltet eine messtechnische Überprüfung der Drosselanlage unter realen Betriebszuständen. Hierbei wird mittels einer unabhängigen hydrometrischen Vergleichsmessung die Kennlinie der Drosselanlage vor Ort – unter Berücksichtigung der strömungstechnischen Bauwerkseinflüsse – aufgenommen.

Ein Job für Fachleute

Die hydraulische Kalibrierung einer Drosseleinrichtung erfordert von den ausführenden Personen ein erhebliches Maß an Fachwissen in der Hydrometrie. Diese Aufgabe kann in aller Regel nicht mehr vom Kanalbetrieb allein übernommen werden. Hierzu ist sachkundiges und erfahrenes Fachpersonal hinzuzuziehen.

Drosselorgan in Betonbecken

Erkenntnis aus vielen Jahren Durchflussmessung: Ein Drittel aller vom IKT geprüften Drosselorgane funktionierte nicht, wie sie sollten.

Die IKT-Prüfstelle für Durchflussmessung ist gerne behilflich. Die Mitarbeiter führen die Prüfungen fachgerecht und unter Einhaltung aller jeweils geltenden Hygiene- und Abstandsvorschriften durch. So können Netzbetreiber trotz Corona ihre Fristen einhalten und Ärger vermeiden.

Melden Sie sich jetzt und sichern Sie sich noch für dieses Jahr Prüftermine!

Telefon: 0209 17806-34
E-Mail: goerke@ikt.de

Sachkundeschulungen

Natürlich können die Überprüfungen und Kalibrierungen auch von eigenem sachkundigem Personal durchgeführt werden. Sachkundeschulungen bietet das IKT auch in Corona-Zeiten an. Zurzeit läuft ein Online-Lehrgang mit zwei optionalen Präsenz-Praxistagen, die für die Prüfung aber obligatorisch sind. Wenn sich weiterer Bedarf abzeichnet, wird der nächste Online-Durchgang kurzfristig angesetzt. Der nächste Offline-Kurs findet vom 17. bis 20. August 2020 in Eppingen statt – mit Zertifikatsprüfung direkt im Anschluss am 21. August.
Programm und Anmeldung für diesen Präsenzlehrgang

Weiteres Weiterbildungsangebot zum Thema Drosseln

Workshop: Drosseleinrichtungen im KanalnetzRichtig kalibrieren, regeln und messen!
13.-14. August 2020 in Eppingen
– Qualitätsanspruch bei Drosselkalibrierungen
– Erfahrungsaustausch: Problemstellen im Netz – Lösungsstrategien entwickeln
– Erfahrungsaustausch: Tücken der Messtechnik – Fehler erkennen
– neue Produkte bei Messtechnik und Drosselorganen
– geeignet zur Rezeritifizierung von „IKT-Zertfizierten Sachkundigen für die Kalibrierung von Drosseleinrichtungen“
Programm und Anmeldung Für den Drossel-Workshop

Portrait eines Mannes mit Brille und Anzug

Marcel Goerke, M.Sc., Leiter der Prüfstelle für Durchflussmessung

Haben Sie noch Fragen? Dann sprechen Sie uns gerne unverbindlich an!

Ansprechpartner

Marcel Goerke, M.Sc.
Leiter Prüfstelle für Durchflussmessung
Tel.: 0209 17806-34
E-Mail: goerke@ikt.de

 

Die Regelungen in den Bundesländern

Baden-Württemberg (Eigenkontrollverordnung)
Die Eigenkontrolle umfasst die Sichtkontrolle von Einlauf, Überläufen und Ablauf der Anlagen auf Ablagerungen und Verstopfungen und die Funktionskontrolle der technischen Ausrüstung, der Messgeräte und Drosseleinrichtungen. Die Abwasserdurchflussmessung bei Anlagen ab 1000 EW erfolgt durch Messgeräte mit selbstschreibendem Anzeigegerät und uhrzeitsynchronem Zählwerk oder durch magnetisch-induktive Durchflussmesseinrichtung (MID) beziehungsweise gleichwertige Verfahren. Die Messeinrichtung ist mindestens alle fünf Jahre durch einen Sachverständigen oder Sachkundigen zu überprüfen.
Bayern (EÜV)
Bei Regenbecken mit Messeinrichtungen zur Erfassung des Wasserstands ist auch das Entlastungsverhalten für jedes Regenereignis festzustellen. Dazu gehört, geordnet nach dem Datum der jeweiligen Regenereignisse, die Ermittlung des maximalen Füllstands beziehungsweise der maximalen Überlaufhöhe sowie der Fülldauer und Überlaufdauer. Die Messergebnisse sind jährlich auszuwerten. Zusätzlich ist jährlich die Einstellung des Drosselabflusses zu überprüfen und das Ergebnis dem tatsächlichen Anschlussgrad im Einzugsgebiet gegenüber zu stellen.
Brandenburg (Brandenburgische KanalnetzAnzeigeVV)
Für Drosselorgane wird eine Funktionskontrolle gemäß Herstellerangaben gefordert. Diese ist laut Herstellerangaben – aber mindestens jährlich – durchzuführen.
Hessen (§ 10 EKVO)
Bei Regenentlastungen mit gesteuerten oder geregelten Drosseleinrichtungen mit beweglichen Teilen ist eine hydraulische Prüfung alle fünf Jahre durch Prüfstellen gemäß § 10 EKVO gefordert, und passive Drosseleinrichtungen ohne bewegliche Teile sind alle 10 Jahre zu kalibrieren. Die Anforderungen gelten als erfüllt, wenn der Mittelwert der Abflusskurve um nicht mehr als 12 Prozent vom Sollwert abweicht und wenn die größte Abweichung nicht größer als 20 Prozent des Sollwerts ist.
Nordrhein-Westfalen (SüwVO Abw NRW, SüwV-kom NRW)
Alle fünf Jahre ist eine hydraulische Kalibrierung der Drosseleinrichtung von Regenklärbecken, Regenüberlaufbecken, Stauraumkanälen und Regenrückhaltebecken durchzuführen. Bei festgestellten Abweichungen der Drosselwassermenge von mehr als 20 Prozent vom Sollwert hat eine Sanierung der Drosseleinrichtung innerhalb eines Jahres zu erfolgen. Als Sollwert ist der in der wasserrechtlichen Genehmigung festgelegte Drosselabfluss zugrunde zu legen. Zusätzlich ist nach SüwV-kom die Überprüfung der Abflussmengenmessung alle drei Jahre durch eine staatlich anerkannte Prüfstelle vorgeschrieben.
Sachsen-Anhalt (Eigenüberwachungsverordnung)
Die Überwachung der Regenbecken umfasst die Sichtkontrolle von Anlagen auf Ablagerungen und Verstopfungen und die Funktionskontrolle der technischen Ausrüstung, der Messgeräte und Drosseleinrichtungen. Die Überwachung soll insbesondere nach Belastung der Anlagen durch Starkregenereignisse, mindestens jedoch vierteljährlich durchgeführt werden. An der Einleitungsstelle in das Gewässer sind vierteljährlich Sichtkontrollen auf Auffälligkeiten durchzuführen.
Thüringen (ThürAbwEKVO)
In Thüringen ist laut Anhang 2 der Verordnung eine hydraulische Funktionskontrolle der Drosselorgane durch Sachkundige alle fünf Jahre vorgeschrieben.
Stand: Juni 2020