IKT-Warentest „Flüssigböden“: Lenkungskreis läutet entscheidende Phase ein

Bauarbeiter beobachtet Verfüllung eines Rohrgrabens mit Flüssigboden

ZFSV bieten Vorteile bei der Grabenverfüllung. Was sie leisten können, wird im IKT-Warentest ermittelt.

WAS wird WIE getestet, um WAS herauszufinden? Das entscheidet bei allen IKT-Warentests der kommunale Lenkungskreis. Jetzt traf sich der Lenkungskreis des aktuellen IKT-Warentests „Flüssigböden“, um zu beschließen, wie es mit den großmaßstäblichen Labor­unter­suchungen weitergeht. Das IKT untersucht und vergleicht dabei das Verhalten des Materials von fünf verschiedenen Anbietern unter identischen und reproduzierbaren Bedingungen.

Flüssigboden = flüssiger Boden?

Der Begriff „Flüssigboden“ wird gern allgemein für „Zeitweise fließfähige, selbst­verdich­tende Verfüll­baustoffe“ – kurz ZFSV – verwendet. Dabei handelt es sich bei Flüssigboden um eine Untergruppe der ZFSV. Alle diese Verfüll­baustoffe, ob Flüssigboden oder eines der anderen Materialien aus der Gesamtgruppe, bieten in vielen Anwendungsfällen Vorteile gegenüber der klassischen Verfüllung.

Insbesondere bei schwer zugängigen Bereichen oder kreuzenden Leitungen, bei denen ein herkömmlicher Einbau und korrekte Verdichtung kaum möglich sind, erreichen ZFSV alle Winkel und Ecken und sorgen somit für die Herstellung einer hohlraumfreien und homogenen Verfüllung. Die Verfestigung erfolgt normalerweise innerhalb eines Tages, so dass die Oberfläche wieder betreten und kurze Zeit später auch schon wieder überbaut werden kann. Die Endfestigkeit entspricht dabei gut verdichtetem Erdreich. Daher ist das Material jederzeit wieder­aushub­fähig, falls man doch einmal wieder an die Leitungen und Kanäle ran muss.

Bodeneigenschaften nach Wunsch

Bauarbeiter misst mit Zollstock das Ausbreitmaß einer Flüssigboden-Probe

Flüssig genug? Bei ersten Baustellen­untersuchungen wurde das Ausbreitmaß des Verfüllmaterials bestimmt.

Um Ressourcen zu sparen, lässt sich meist der Aushubboden verwenden. Alternativ können auch andere Böden, Sand aus der Kiesgrube oder Recycling-Material zugesetzt oder im Austausch verwendet werden. Um das Material zu ZFSV aufzubereiten, werden noch Tonmineralien und Zusätze, der sogenannte Compound, und natürlich Wasser zugegeben. Hierdurch lässt sich eine große Bandbreite an gewünschten späteren Eigenschaften einstellen, so dass sich das Material nach dem Einbau idealerweise wie der umgebende Boden verhält und keinen „Fremdkörper“ darstellt. Vor dem Einsatz wird der Boden daher untersucht und auf seine Eignung geprüft, damit die Rezeptur auf die Bedürfnisse vor Ort angepasst werden kann.

Beim Einbau selbst sind allerdings, abweichend von der konventionellen Graben­verfüllung, einige zusätzliche Dinge wie zum Beispiel Auftriebs­sicherung und zeitabhängiges Ziehen des Verbaus zu beachten, die eine entsprechende Schulung beziehungsweise Erfahrung des Personals voraussetzen. Daher spricht man nicht nur von der Verwendung von ZFSV als Material, sondern in der Gesamt­betrachtung eher von einem Verfahren.

Crashkurs: Umgang mit Flüssigböden – Trend oder Chance?
  • Flüssigboden – was ist das?
  • Wo lohnt der Einsatz flüssiger Verfüllbaustoffe?
  • Welche Grundsätze der Qualitätssicherung sind zu beachten?
  • Welche Produkte gibt es?

26. September 2019 in Gelsenkirchen
Programm und Anmeldung

Ausführungsrisiken unklar

Aber noch sind viele Ausführungsrisiken unklar und noch zu wenige Ingenieurbüros und Bauunternehmen haben bereits Erfahrung in der Anwendung von ZFSV. Hier Licht in den dunklen Leitungs­graben zu bringen haben sich das IKT und eine Gruppe von Abwasser­netz­betreibern auf die Fahnen geschrieben, die gemeinsam im IKT-Warentest die Eigenschaften von verschiedenen ZFSV unter die Lupe nehmen und vergleichen.

Sitzung Besprechung

Projektleiter Dipl.-Ing. Martin Liebscher, IKT

Projektleiter Martin Liebscher schilderte bei der Lenkungs­kreis­sitzung den Vertretern der zwölf beteiligten kommunalen Abwasser­betriebe, des Landes­umweltamts NRW und der Projektpartner AGFW Der Energie­effizienz­verband für Wärme, Kälte und KWK und Hochschule Koblenz zunächst den aktuellen Stand des Projekts. So ist der Groß­versuchs­stand, in dem die Laborversuche stattfinden werden, schon in Teilen vorbereitet. Und an einigen Baustellen in den beteiligten Kommunen haben IKT-Mitarbeiter bereits Verfüllungen mit ZFSV beobachten und dokumentieren können sowie Proben entnommen und analysiert. Weitere Baustellen­untersuchungen werden folgen.

IKT-Spezialität:
Laborversuche im Maßstab 1:1

Mann mit Brille, Anzug und Krawatte gestikuliert

Stellvertretender Projektleiter Dr. Mark Klameth, IKT

Dr. Mark Klameth, stellvertretender Projektleiter, stellte den Prüfaufbau für die Versuche im Maßstab 1:1 vor. Der 15 Meter lange, sechs Meter breite und sechs Meter tiefe Groß­versuchs­stand des IKT wurde in fünf Kammern unterteilt, in denen dreieinhalb Meter tiefe Leitungs­gräben geschaffen wurden. Darin werden bald jeweils zwei Schächte – einer aus Beton, einer aus Kunststoff – eingebaut, die mit einem Rohr DN300 verbunden werden. Mit Hilfe von Kraftmessdosen werden während und nach der Verfüllung die Auftriebskräfte der Schächte und des Rohrs gemessen.

Zusätzlich werden in die Leitungsgräben Elemente eingebaut, um das Ziehen des Verbaus zu simulieren und das Verhalten des ZFSV bei diesem Vorgang zu ermitteln. Mit Hilfe des MAC-Systems sollen zudem in zerstörungs­freien Prüfungen die Bettungs­verhältnisse bestimmt werden.

Über das Frühjahr verteilt rücken dann die Verfahrens­anbieter an, um die vorgegebenen Leitungsgräben mit ihrem flüssigen Verfüll­material zu fluten. Bei einer Führung durch die IKT-Versuchshalle verschafften sich die Lenkungs­kreismitglieder einen ersten Eindruck von den Einbauten im Großversuchsstand.

Schwerpunkte der Untersuchungen

Mit diesem IKT-Warentest möchten die IKT-Wissenschaftler in drei Bereichen Ergebnisse und Erkenntnisse liefern: Einbau, Betrieb und Zusatzinformationen. Im Fokus stehen dabei:

Einbau

  • Fließfähigkeit – Verteilung im Graben
  • Auftriebswirkung der Rohre und Schächte
  • Leitungsumschließung bei Hauptrohr und kreuzenden Leitungen
  • Begehbarkeit – Aushärtungs- und Abbindezeit

Betrieb

  • Tragfähigkeit und Verformung des Rohrs, Bettungswirkung des Flüssigbodens
  • Überbaubarkeit, Steifigkeit
  • Setzungsrisiken – Schwind- und Schrumpfneigung
  • Wiederaushubfähigkeit – Spatenlösbarkeit, Druckfestigkeit
  • Umweltverträglichkeit und Aggressivität

Zusatzinfos

  • Durchlässigkeit – Gas, Wasser, Wurzeln
  • Ressourcenschonung
  • Kosten
Teilnehmer gesucht: IKT-Warentest „Druckleitungen“ in Vorbereitung

Portrait Markus Gillar, Mann mit Brille

Projektleiter Dipl.-Ing. Markus Gillar, IKT

Das nächste Warentest-Projekt ist schon in Vorbereitung: der neue IKT-Warentest „Sanierungsverfahren für Abwasserdruckleitungen“. Die früher verwendeten Rohrmaterialien sind anfällig und die Leitungen sind alt – ergo herrscht großer Sanierungsbedarf. Die Randbedingungen bei der grabenlosen Sanierung sind aber höflich ausgedrückt komplex. Das IKT will die generelle Einbaubarkeit, die Einsatzbereiche und die Anwendungsgrenzen ausgewählter Sanierungstechniken untersuchen und vergleichen, um die kommunalen Netzbetreiber bei der Wahl eines geeigneten Verfahrens zu unterstützen.

Für diesen IKT-Warentest sucht das IKT gemeinsam mit der Stadt Bottrop als federführendem Partner weitere Netzbetreiber, die sich inhaltlich und finanziell einbringen. Die Kosten für die Teilnahme sind ansatzfähig für die Abwassergebühr. Melden Sie sich bei Interesse unverbindlich bei:

Ansprechpartner

Dipl.-Ing. Markus Gillar
Projektleiter
Telefon: 0209 17806-46
E-Mail: gillar@ikt.de

Wie geht’s weiter?

Weitere Baustellenbesichtigungen und Probenentnahmen bei der Verfüllung von Baugruben bei Bauvorhaben der teilnehmenden Kommunen stehen für die nächste Zeit auf dem Programm. Außerdem wird an den Versuchsständen weitergebaut. Die Lenkungs­kreis­mitglieder treffen sich das nächste Mal, wenn bereits die Flüssigböden in den Groß­versuchs­stand eingebaut werden. Dann wollen sie gemeinsam das Bewertungs­schema für diesen Warentest festlegen.

Ansprechpartner

Dipl.-Ing. Martin Liebscher
Projektleiter
Telefon: 0209 17806-23
E-Mail: liebscher@ikt.de

IKT-Warentests: Produkte und Verfahren im Vergleich

Blick in den Großversuchsstand, Bau von zahlreichen Schächten

In den unabhängigen IKT-Warentests werden Produkte oder Verfahren unter gleichen, reproduzierbaren Bedingungen vergleichend getestet.

Ziel der IKT-Warentests ist es, den Netzbetreibern zuverlässige und unabhängige Informationen über Eigenschaften von markt­gängigen Produkten und Verfahren zu liefern. Angaben in Verfahrens­beschrei­bungen und Werbe­informationen der Anbieter werden durch den IKT-Warentest einer unabhängigen und neutralen Prüfung unterzogen.

Ein IKT-Warentest wird immer durch eine Gruppe von Netz­betreibern begleitet, dem sogenannten Lenkungskreis. Dieser Lenkungskreis entscheidet in regelmäßigen Sitzungen über

  • die Auswahl von Produkten beziehungsweise Verfahren für die erste Testreihe
  • die Bau- beziehungsweise Instandhaltungsaufgabe für den Einsatz der Produkte oder Verfahren im Test
  • die maßgeblichen Leistungsziele und Qualitätsanforderungen
  • den Umfang und die Ausrichtung des Prüfprogramms
  • den Informationsaustausch mit den Produkt- beziehungsweise Verfahrensanbietern
  • die Bewertung und die Veröffentlichung der Ergebnisse

Die Prüfungen führt das IKT als unabhängiges Institut durch und dokumentiert die Ergebnisse. Das IKT ist im Rahmen der Prüfung insbesondere verantwortlich für die ingenieur­technische Entwicklung und Umsetzung der Prüfaufbauten und des Prüfprogramms. Diesbezügliche Entscheidungen werden in unmittelbarer Abstimmung mit dem Lenkungskreis getroffen.

mehr über IKT-Warentests
zu den Downloads der IKT-Warentest-Berichte