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Rohrvortrieb vs. offene Bauweise: IKT befragt Netzbetreiber

Vorteil Rohrvortrieb, wo Verkehr, Handel und Wohnen nicht gestört werden sollen. Hausanschlüsse hingegen sprechen für offene Bauweise. Für Netzbetreiber ein Dilemma.

Die IKT-Marktumfrage 2007 befasst sich in ihrem zweiten Teil schwerpunktmäßig mit dem Thema Rohrvortrieb. Rund 250 Kanalnetzbetreiber gaben umfassend Antwort zu ihrer Meinung pro und contra Rohrvortrieb. Teil 1 der Umfrage „Bauinvestitionen in die Kanalisation“ wurde bereits Anfang des Jahres veröffentlicht. Die gesamte Umfrage fand in der Zeit von Oktober bis Dezember 2007 statt und wurde von der STEINZEUG Abwassersysteme GmbH in Auftrag gegeben.

Rohrvortrieb-Anteil angemessen

Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass der Rohrvortrieb einen festen Stellenwert bei deutschen Kanalnetzbetreibern hat: 86% halten den Anteil des Rohrvortriebs am Kanalbau für angemessen. Hingegen meinen 13%, dass dieser zu gering ist, lediglich 1% halten ihn für zu hoch.

Rohrvortrieb vs. offene Bauweise

Aus Sicht der Netzbetreiber sind die drei zentralen Argumente für Rohrvortrieb „Bau unter Verkehrswegen“, „Verkehrsfluss“ sowie „Bürgerfreundliches Bauen“. Diese Argumente sind für 85%, 81% bzw. 75% der Befragten wichtig. Ferner spielen die Vermeidung von Emissionen und Umsatzeinbußen für den Handel eine wesentliche Rolle (siehe Tab. 1).

Hingegen spricht für die offene Bauweise in erster Linie die Anbindung von Hausanschlüssen, die hier 72% der Netzbetreiber für wichtig halten. Erst mit großem Abstand folgt das Argument der Baukosten mit 47%, das beim Rohrvortrieb eher nachteilig gesehen wird (25%); siehe Tab. 2.

Bei den klassischen Bauthemen wie „Technische Risiken beherrschbar“, „Geeignete Technologien vorhanden“ und „Bodenverhältnisse“ schätzen Netzbetreiber Rohrvortrieb und offene Bauweise als nahezu gleich gut ein. Vorteile für die offene Bauweise sehen sie bei „Geeignete Bauunternehmen und Ingenieurbüros vorhanden“ sowie bei „Eigenem Wissen und Erfahrung“. Gegen die offene Bauweise sprechen jedoch „Verkehrsfluss“, „Bau unter Verkehrswegen“, „Bürgerfreundliches Bauen“, „Emissionen“ und „Umsatzeinbußen für Handel“.

Die Einschätzung der Netzbetreiber zu allen abgefragten Pro-Argumenten ist in Tab. 3 detailliert aufgeführt (+1 = weniger wichtig, +3 = sehr wichtig, 0 = indifferent).

Download der Tabelle als PDF-Datei: Tab.3 Argumente Rohrvortrieb vs. offene Bauweise

Insgesamt zeigt sich, dass die Stärke des einen Verfahrens die Schwäche des anderen ist: So landet das Argument Nr.1 für die offene Bauweise auf dem letzten Platz für den Rohrvortrieb, nämlich die Einbindung der Hausanschlüsse. Umgekehrt sehen Netzbetreiber die drei schwächsten Argumente für die offene Bauweise („Bau unter Verkehrswegen“, Verkehrsfluss“, „Bürgerfreundliches Bauen“) als die drei stärksten Argumente pro Rohrvortrieb.

Dilemma Hausanschlüsse

Dem Rohrvortrieb wird dort Vorzug gegeben, wo es die übliche Nutzung des öffentlichen Straßenraums durch Kanalbaumaßnahmen möglichst wenig zu stören gilt. Dies betrifft vor allem die verkehrs- und bevölkerungsreichen Innenstadtbereiche. Aber gerade dort sind aufgrund dichter Besiedlung viele Hausanschlüsse einzubinden, die als die zentrale Schwachstelle des Rohrvortriebs angesehen werden. Stärken und Schwächen der beiden Bauverfahren stehen sich also diametral gegenüber. Da aber in Innenstädten ein Kanalbau ohne Anbindung von Hausanschlüssen kaum denkbar ist, stehen die Netzbetreiber hier vor einem echten Dilemma.

Favorisierte Rohrmaterialien im Rohrvortrieb

Ein weiteres Augenmerk der IKT-Marktumfrage 2007 gilt den favorisierten Rohrmaterialien für den Vortrieb. Gefragt wurden die Netzbetreiber, welche Rohrmaterialien sie beim Rohrvortrieb bis DN 1200 für geeignet halten und welche Materialien sie tatsächlich im Rohrvortrieb einsetzen.

Netzbetreiber bewerten Stahlbeton- und Stahl-/Gussrohre mit den besten Noten, wenn es um die grundsätzliche Eignung für Rohrvortrieb geht. Polymerbeton- und Steinzeugrohre liegen im Mittelfeld, allerdings mit durchschnittlich noch guten Noten (siehe Tab. 4).

Angaben über die tatsächlich im Rohrvortrieb eingesetzten Rohrmaterialien haben die Netzbetreiber im Multiple-Choice-Verfahren gemacht. Gefragt wurde nach den Werkstoffen und den jeweiligen Rohrdurchmessern (siehe Diagramm).

Beim Rohrvortrieb setzen die Netzbetreiber bei kleinen Nennweiten bis DN 150 in erster Linie Steinzeugrohre ein (23%). Daneben spielen lediglich Stahl-/Gussrohre (9%) eine nennenswerte Rolle. Auch im Segment DN 150 bis 400 dominieren vor allem Steinzeugrohre (34%), gefolgt von Stahl-/Gussrohren (19%) und Stahlbetonrohren (9%).

Ein anderes Bild zeigt sich bei größeren Nennweiten. In den Bereichen DN 400 bis 1200 sowie DN > 1200 favorisieren die Netzbetreiber Stahlbetonrohre (34% bzw. 31%). Die Rohrwerkstoffe Steinzeug (9%) und Polymerbeton (8%) weisen lediglich im Bereich DN 400 bis 1200 noch nennenswerte Anteile auf.

Erfahrungen mit Rohrvortrieb

Ihre bisherigen Erfahrungen mit Rohrvortrieb und offener Bauweise bewerten die Netzbetreiber überwiegend positiv. Im Durchschnitt wird die offene Bauweise von 212 Netzbetreibern mit der Note 1,8 bewertet, der Rohrvortrieb bekommt von 175 Netzbetreibern im Durchschnitt die Note 2,1 (1 = sehr gut, 5 = sehr schlecht); siehe Tab. 5.

Beide Bauverfahren werden mit "gut" bewertet, Netzbetreiber denken über beide Bauverfahren insgesamt positiv. Die offene Bauweise schneidet dabei nur leicht besser ab als der Rohrvortrieb.

Fazit

Insgesamt weisen die Netzbetreiber dem Rohrvortrieb dort Stärken zu, wo im Bauumfeld eine hohe Nutzungsdichte vorherrscht (Verkehr, Handel, Wohnen). Wenn die offene Bauweise gravierende Störungen der überirdischen Abläufe mit sich bringt, kommen ihre Argumente für den Vortrieb stärker zum Tragen.

Ein Bauumfeld mit hohem Verkehrs- und Handelsaufkommen sowie mit hoher Bevölkerungsdichte findet man vor allem in Innenstädten. Aber gerade dort sehen die Netzbetreiber einen Zielkonflikt für den Einsatz des Rohrvortriebs: Dem Vorteil eines verminderten Störpotenzials stehen oftmals Nachteile infolge der hohen Hausanschlussdichte gegenüber.

Letztendlich hängt die Entscheidung für ein Bauverfahren von der Gewichtung der Einzelargumente und der sich im Einzelfall ergebenden Gesamtargumentation ab. Dabei können auch solche Argumente den Ausschlag geben, die von den Netzbetreibern in der Umfrage als weniger wichtig eingestuft wurden, wie z.B. Grundwasser, geeignete Ingenieurbüros sowie eigenes Wissen und Erfahrungen.

Weitere Daten verfügbar
Eine detaillierte Darstellung der Umfrageergebnisse ist erhältlich bei:
STEINZEUG Abwassersysteme GmbH
Tel.: 02234 507-212
Fax: 02234 507-706
E-Mail: info@steinzeug.com



Dipl.-Ök. Roland W. Waniek
IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur gGmbH
Exterbruch 1
45886 Gelsenkirchen
Tel.: 0209 17806-0
Fax: 0209 17806-88
E-Mail: info@ikt.de
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