6.1 Einflüsse auf die Wurzelfestigkeit
     
   

Die Wuchsrichtung von Wurzeln und die Ausbildung des gesamten Wurzelwerks (Wurzeldicke, Anzahl der Feinwurzeln etc.) wird von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst, wie z.B. Bodenarten, Verdichtungsunterschiede und Sauerstoffangebot. Diese Faktoren können sich im Umfeld von Rohren und deren Verbindungen zeitlich und räumlich verändern. Der Wachstumsprozess selbst ist wiederum in drei Phasen zu unterteilen, dem Heranwachsen an die Rohrverbindung, dem Eindringen in die Verbindung und dem Durchdringen des Dichtungsbereichs. Entsprechend kann dem Wurzeleinwuchs an der Rohrverbindung entgegengewirkt werden, indem bereits das Eindringen der Wurzel in den Verbindungsbereich verhindert wird, der Anpressdruck der Dichtung über dem zu erwartenden Wurzeldruck liegt und/oder die Geometrie der Dichtung einen Angriff der Wurzeln erschwert (vgl. Abb. 183).

     
   

     
   

Abb. 183: Die Wurzelfestigkeit wird von einer Reihe verschiedener Faktoren beeinflußt.

   

 

   

Die in Kapitel 3.4  beschriebenen Verfahren zur Prüfung der Wurzelfestigkeit von Bauteilen können in zwei Methodengruppen unterschieden werden: die Beurteilung mechanischer Eigenschaften mit Blick auf die Widerstandsfähigkeit gegenüber Wurzeldruck und die Berücksichtigung der Rohr-Wurzel-Interaktion durch Simulation von Einwuchsvorgängen unter Einbeziehung natürlicher Pflanzen (vgl. Kapitel 3.4.2  und Kapitel 3.4.7 ). Im Falle rein mechanischer Prüfungen werden z.T. auch stark vereinfachende Annahmen herangezogen, wie z.B. bei der Prüfung nach DIN 4060, die eine Gleichwertigkeit zwischen der Wasserdichtheit unter Scherlast und der Wurzelfestigkeit von Rohrverbindungen unterstellt. Interpretationsschwierigkeiten ergeben sich allerdings, wenn eine Kombination beider Methodengruppen angestrebt wird. In dem in Kapitel 3.4.5 dargestellten Fall wurden Bäume über Abwasserleitungen gepflanzt und nach dem Einwuchs der Anpressdruck der Elastomerdichtung an der Schadstelle gemessen. Zwar traten Einwuchsfälle deutlich häufiger in Verbindungen auf, die einen geringen Anpressdruck aufwiesen, allerdings wurde bei Absenkung des Anpressdruckes nicht zwangsläufig ein Wurzeleinwuchs beobachtet. Neben geringen Eindringwiderständen unmittelbar an der Dichtung liegen offensichtlich weitere Reize oder Hindernisse vor, die die Wahrscheinlichkeit für einen Wurzeleinwuchs beeinflussen. Die vorgestellten Baustellenuntersuchungen und Laborversuche unterstreichen hier insbesondere den Einfluss der Rohrumgebung, d.h. der Eigenschaften des umgebenden Bettungsmaterials.