IKT-eNewsletter Juli 2006 | |
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Profilierte Großrohre aus Kunststoff, Teil 3 | ||||||
Ganz unterschiedliche Rohrwerkstoffe können in der Kanalisation zum Einsatz kommen: Beton, Stahlbeton, Steinzeug, Guss und zahlreiche Kunststoffe. In einem Forschungsprojekt entwickelte das IKT praxisorientierte Prüfkonzepte für diese Bauteile. In Teil 3 der aktuellen IKT-eNewsletter-Reihe „Profilierte Großrohre aus Kunststoff“ präsentieren wir Ihnen Prüfkonzepte, mit deren Hilfe die Auswirkungen von Querschnittsverformungen auf die Dichtheit der Bauteile und ihrer Verbindungen untersucht werden können. | ||||||
Globale Verformungen Biegeweiche Rohre verformen sich unter Belastung, da die Bettung des Rohres zur Standsicherheit des Gesamtsystems beiträgt und die entsprechende Systemsteifigkeit erst durch Verformung des Rohres aktiviert wird.
Die Rohrverformungen sind jedoch aus statischen Gründen und aus Gründen der Funktionsfähigkeit (Rohrquerschnitt) auf ein zulässiges Maß zu beschränken. Das Arbeitsblatt DWA-A 127 [1] legt dazu für den Langzeitnachweis eine zulässige Änderung des vertikalen Durchmessers von 6 % (9 % bei Beachtung zusätzlicher Nachweise) fest. Grundsätzlich lassen sich diese Einflüsse durch Berechnungsmodelle kaum beschreiben, insbesondere mit Blick auf die Dichtfunktion von Anschlüssen und Verbindungen. Im Rahmen des Forschungsprojektes „Profilierte Großrohre aus Kunststoff“ erarbeiteten die IKT-Forscher Prüfkonzepte, um Aussagen über Auswirkungen globaler Verformungen treffen zu können. In Laborversuchen setzten die IKT-Forscher unterschiedliche Prüfrohre und –anschlüsse definierten äußeren Verformungszuständen aus. Nach den Versuchen untersuchten sie die Prüfkörper optisch oder mit Wasser auf Dichtheit. Die einzelnen Prüfungen berücksichtigten unterschiedliche Rohrnennweiten sowie Kurz- und Langzeitbeanspruchungen. | ||||||
Querschnittsverformung an Großrohren (Kurzzeitversuch) Die Steifigkeit profilierter Kunststoffrohre resultiert aus dem Wandaufbau, der sich aus einzelnen, verhältnismäßig dünnwandigen Vollwandquerschnitten zusammensetzt. Infolge von Rohrverformungen können unter anderem Ablösungen (Verbundverlust) zwischen Einzelteilen des Profils, lokale Verformungen und Profilversagen auftreten. Darüber hinaus ist zu hinterfragen, inwieweit die Schweißnähte zwischen den spiralförmigen Wicklungen der Grundwand und die Rohrverbindungen bei größeren Verformungen Schwachstellen darstellen können. Ziel des Konzeptes ist die Prüfung von Großrohren im Hinblick auf Widerstandsfähigkeit des Gesamtquerschnittes, der Profile und der Schweißnähte gegenüber äußeren Verformungszuständen in Kurzzeitversuchen. Dazu wurde ein Versuchsaufbau entwickelt, der auf dem Parallelplattendruckversuch basiert, jedoch zusätzlich zur Scheiteldrucklast FN die Einleitung horizontaler Lasten FK in die Kämpfer des Prüfrohres ermöglicht. Auf diese Weise können variable globale Verformungszustände eingestellt werden, die in der Praxis oder in Laborversuchen häufig beobachtet wurden [2] und darüber hinaus zu höheren Beanspruchungen der Profile führen als zweiwellige (elliptische) Verformungsfiguren. Sowohl während als auch nach Abschluss des Versuches wird das Rohr, das heißt Profile und Schweißnähte, optisch auf mögliche Veränderungen untersucht. | ||||||
Dichtheit der Verbindung Rohr – Stutzen Um die Dichtheit der Kanalisationen zu gewährleisten, ist das Gesamtsystem aus Rohren, Schächten und Anschlüssen zu betrachten. Insbesondere den Hausanschluss-Stutzen kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, da diese häufig manuell angeschlossen werden und seitens der Kanalnetzbetreiber besondere Unsicherheiten hinsichtlich der Qualität dieser Verbindungen bestehen (vgl. [3]). Mit Blick auf profilierte Großrohre aus Kunststoff stellt sich insbesondere die Frage, ob die zulässigen und möglicherweise zu erwartenden Verformungen des Rohres Einfluss auf die Dichtheit des Anschlusses haben können. Gerade unter großen Rohrverformungen ist zu erwarten, dass in kritischen Krümmungsbereichen des Rohrquerschnitts in der Folge auch die gegebenenfalls dort angeordneten Anschlusssysteme erheblichen Beanspruchungen ausgesetzt sind. Darüber hinaus können besondere Wechselwirkungen zu den angeschlossenen Leitungssystemen bestehen, so beispielsweise eine Verschiebungsbehinderung in Längs- und Querrichtung bei fest im Gebäude eingebundenen oder biegesteifen Hausanschluss-Leitungen. Ziel des Konzeptes ist die Prüfung der Widerstandsfähigkeit der Verbindung Rohr – Stutzen gegenüber globalen Verformungen in Kurzzeitversuchen. Dazu wurde der oben beschriebene Prüfaufbau „Querschnittsverformung an Großrohren (Kurzzeitversuch)“ weiterentwickelt und ein spezielles Dichtheitsprüfgerät eingesetzt. | ||||||
Der Prüfkörper besteht aus einem profilierten Großrohr, in das an definierten Stellen Stutzen eingebaut werden. Dabei liegen Anschlüsse gleicher Bauart einander gegenüber, also um 180° versetzt. Im Rahmen der Prüfung werden durch einen Scheiteldruckversuch variable, globale Verformungszustände eingestellt. Dabei liegen die Stutzen im Ort der maximalen Krümmungsänderung, da dort die größte Beanspruchung des Anschlussbereichs zu erwarten ist. Um sowohl die freie Beweglichkeit der Hausanschluss-Stutzen als auch eine Verschiebungsbehinderung aufgrund der angeschlossenen Leitungssysteme zu berücksichtigen, wurden zwei Versuchsvarianten ausgeführt. Zum Abschluss der Prüfung wurden die Anschlussbereiche optisch inspiziert und mit Wasser auf Dichtheit geprüft. | ||||||
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Querschnittsverformung an Großrohren (Langzeitversuch) Das Versuchskonzept „Querschnittsverformung an Großrohren (Kurzzeitversuch)“ beinhaltet die Durchführung von Kurzzeit-Scheiteldruckversuchen (24 Stunden) mit seitlicher Stützung zur Beanspruchung von profilierten Großrohren aus Kunststoff durch äußere Verformungszustände. Auch die Weiterentwicklung dieses Prüfkonzeptes zur Untersuchung der „Dichtheit der Verbindung Rohr – Stutzen“ sieht die Durchführung von Kurzzeitversuchen vor. Auf Seiten der Kanalnetzbetreiber bestehen jedoch insbesondere Unsicherheiten hinsichtlich der Dauerhaftigkeit von Leitungssystemen aus profilierten Kunststoffrohren im eingebauten, also verformten Zustand. Um das Langzeitverhalten untersuchen zu können, ist eine deutliche Verlängerung der Versuchszeit notwendig. Die für Kurzzeitversuche entwickelten Versuchsaufbauten bieten aufgrund der Verwendung von Druckzylindern zur Lasteinleitung den Vorteil einer großen Variabilität hinsichtlich der einstellbaren Verformungszustände. Jedoch ist ihr Einsatz für die Durchführung von Langzeitversuchen aufgrund der aufwändigen Maschinentechnik unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht sinnvoll. Ziel des hier vorgestellten Konzeptes ist die Prüfung der Widerstandsfähigkeit des Gesamtquerschnittes, der Profile, der Schweißnähte sowie insbesondere der Anschlüsse und der Rohrverbindungen gegenüber globalen Verformungen in Langzeitversuchen.
Das profilierte Großrohr aus Kunststoff wird durch eine linienförmige Scheiteldruckkraft definiert vertikal verformt. Dabei verhindern seitliche Stützungen das horizontale Ausweichen der Kämpfer, ohne deren Verschieblichkeit in vertikaler Richtung zu beeinträchtigen. Auf diese Weise wird der Prüfkörper durch einen definierten, globalen Verformungszustand beansprucht. Soll das Relaxationsverhalten des Rohres unter den hier betrachteten Verformungen erfasst werden, können ergänzend im Scheitel- und Sohlauflager Kraftmessdosen zur fortlaufenden Aufnahme der Auflager- und Widerlagerkräfte angeordnet werden. Unmittelbar nach Erreichen der Verformungsstufe werden die Anschlussbereiche optisch inspiziert und anschließend auf Dichtheit geprüft. Dieser Vorgang wird bis zum Abschluss des Versuches in regelmäßigen Zeitabständen (zum Beispiel alle 500 Stunden) wiederholt. | ||||||
Querschnittsverformungen an nicht-begehbaren Rohren Das zum Thema „Querschnittsverformung an Großrohren (Kurzzeitversuch)“ beschriebene Versuchskonzept sieht die Prüfung von profilierten Großrohren aus Kunststoff gegenüber äußeren Verformungszuständen vor. Allerdings ist das Marktangebot bezüglich profilierter Kunststoffrohre nicht auf Großrohre beschränkt, sondern umfasst auch den nicht-begehbaren Nennweitenbereich. Im Vergleich zu den Großrohren ist diese Produktgruppe durch eine größere Vielfalt gekennzeichnet Diese drückt sich unter anderem in den Herstellungsmethoden, den Wandaufbauten und den eingesetzten Rohrwerkstoffen aus. Daher ist das Widerstandsverhalten von profilierten Großrohren aus Kunststoff gegenüber äußeren Verformungszuständen nur bedingt auf nicht-begehbare Rohre übertragbar. Der Versuchsaufbau des Konzeptes „Querschnittsverformung an Großrohren (Kurzzeitversuch)“ ist für nicht-begehbare Rohre ungeeignet. Aus diesem Grund wurde ein auf kleinere Nennweiten ausgelegtes Konzept entwickelt. Ziel ist auch im vorliegenden Fall die Prüfung der Widerstandsfähigkeit des Gesamtquerschnittes, der Profile und der Verbindungen gegenüber globalen Verformungen in Kurz- und Langzeitversuchen. Mit Hilfe eines Scheiteldruckversuches mit seitlicher Stützung können variable, globale Verformungszustände eingestellt werden. Auf Basis der Messwerte für die Drücke an den Hydraulikzylindern kann das Relaxationsverhalten des Rohres erfasst werden. Ergänzend kann nach Abschluss der Versuche eine vereinfachte Dichtheitsprüfung als Wasserfüllstandsprüfung am senkrecht aufgerichteten verformten Prüfrohr durchgeführt werden. | ||||||
Fortsetzung folgt In den nächsten beiden Ausgaben des IKT-eNewsletters können Sie mehr über Prüfkonzepte für profilierte Kunststoffrohre erfahren:
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Ergebnisse im Internet Der dritte Teil der eNewsletter-Reihe stellt die Forschungsergebnisse nur auszugsweise dar. Der vollständige Forschungsbericht steht im Internet zum Download bereit: www.ikt.de | ||||||
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Literatur [1] Regelwerk der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA), Arbeitsblatt A 127: Statische Berechnung von Abwasserkanälen und -leitungen, 3. Auflage, Hennef, GFA (August 2000). [2] Bosseler, B.: Beitrag zur Darstellung, Analyse und Interpretation von Verformungsmessdaten aus der Inneninspektion biegeweicher Abwasserleitungen. Technisch-wissenschaftliche Berichte, IKT-Bericht 97/4 (Juni 1997). [3] Bosseler, B.; Homann, D.; Kaltenhäuser, G.; Puhl, R.: IKT-Warentest - Hausanschlussstutzen; Endbericht des IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur (Juni 2002), Download unter www.ikt.de. [4] Forschungsprojekt des IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur: Entwicklung eines Gerätes zur Prüfung der Dichtheit von angebohrten Hausanschlussstutzen; Auftraggeber: Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes NRW (August 2005, unveröffentlicht). | ||||||
Dipl.-Ing. Oliver Sokoll |
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