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IKT-eNewsletter Oktober 2001
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IKT-Newsletter

Grundstücksentwässerung: Stadt Göttingen saniert die Kanäle ihrer Bürger

Bis zu 1.000% Fremdwasser im Kanalnetz – das war der Göttinger Stadtentwässerung entschieden zu viel. Konsequent setzt sie auf eine systematische Kanalsanierung, die auch die privaten Grundstücke einbezieht. Die dabei gemachten Praxiserfahrungen sind auch für andere Netzbetreiber hochinteressant. Auf der Tagung "Entwicklungen in der Kanalisationstechnik" am 4./5. September 2001 in Köln, die das IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur mitveranstaltet hat, berichtete Dipl.-Ing. Manfred Fiedler von der Stadtentwässerung Göttingen über das "Göttinger Modell": Wegen seiner grundsätzlichen Bedeutung geben wir den Vortrag von Dipl.-Ing. Fiedler – nicht zuletzt für diejenigen, die nicht in Köln dabei sein konnten – hier in ungekürzt wieder:

Praxiserfahrungen der Stadt Göttingen bei der Inspektion und Sanierung im Bereich der Grundstücksentwässerung

1. Ausgangssituation
2. Kanalsanierungskonzept
3. Entstehung eines Arbeitskonzeptes für die Einbeziehung der Grundstücke
4. Erarbeitung einer Studie zur Sanierungskonzeption
5. Einbettung eines Fremdwasserkonzeptes in das Kanalsanierungskonzept
6. Umsetzung
7. Struktur und Intension der Fremdwasserbearbeitung Göttingen
8. Grundstücksbearbeitung
9. Ergebnisse
10. Zusammenfassung und Ausblick

1. Ausgangssituation

Die Stadt Göttingen entwässert fast ausschließlich im Trennsystem. 

Das Kanalnetz der Stadt umfasst ca. 340 km Schmutz- und ca. 340 km Niederschlagswasserkanäle. 

Auf einer Länge von ca. zehn km liegen zur Zeit noch Mischwasserkanäle, die in den nächsten Jahren auf das Trennsystem umgestellt werden.

Die Göttinger Abwasserreinigungsanlage behandelt das Abwasser der Stadt Göttingen (ca. 130.000 EW) sowie einiger Umlandgemeinden (ca. 35.000 EW). Der Fremdwasserzuschlag der Göttinger Kläranlage liegt bei starken Regenereignissen nach den gemachten Betriebserfahrungen der letzten Jahre bei 400 – 500 %. Eine Langzeitstudie hat gebietsweise bis zu 1000 % Fremdwasser aufgezeigt.

 


Planauszug zu gemessenen Fremdwassermengen
(Download ca.135 kb)

2. Kanalsanierungskonzept

Seit 1992 wird nach einem festgelegten Prioritätenplan das Kanalsanierungs-konzept mit einer geschätzten Gesamtinvestition von ca. 90 Mio. DM für die öffentlichen Schmutzwasserkanäle umgesetzt. Die Bearbeitung ist in der ersten Stufe auf einen Zeitraum von 12 Jahren angelegt. Die zweite Stufe ist auf acht Jahre angelegt wird auf weitere ca. 50 Mio. DM geschätzt. Das Netz ist in 60 Sanierungsgebiete mit einer Länge von je ca. sechs km aufgeteilt.

Nur beste Qualität der Untersuchungen und der Dokumentation ermöglicht eine wirtschaftliche Sanierung des Kanalnetzes. Die TV-Untersuchung wird daher in Göttingen nicht im Wettbewerb, sondern freihändig nach Festlegung von umfangreichen Qualitätskriterien vergeben.
 


Wo möglich, wird der Hauptkanal auch begangen
 

Die inzwischen angesammelten und ausgewerteten Informationen aus den TV-Untersuchungen ergeben in Göttingen folgendes durchschnittliches Bild der Verteilung der Schadenshäufigkeit je Haltung im öffentlichen Bereich:

  • ca. 25 % der Haltungen sind schadensfrei.

  • ca. 50 % der Haltungen weisen 1-3 Schäden je Haltung auf.

  • ca. 25 % der Haltungen haben 4 oder mehr Schäden.

Die Schäden sind sehr unterschiedlich und spiegeln häufig den Stand der Technik zu den unterschiedlichen Baujahren wider. Insbesondere nicht fachgerechte Abzweige, Riss- und Scherbenbildung, Wurzeleinwuchs und Muffenversätze mit Undichtigkeiten prägen das Schadensbild.

Die Stadt Göttingen vergibt die Planung und Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen fast ausschließlich an Ingenieur-Büros. Als äußerst kostenminimierend hat sich hierbei folgende Arbeitsweise herausgestellt:

 


Nicht fachgerechte Nutzung

  • Die Freigabe der extern aufgestellten Sanierungskonzepte erfolgt durch eine Endkontrolle des Auftraggebers in einer Klausurtagung mit gemeinsamer Videobetrachtung aller zur Sanierung anstehenden Strecken.

  • Der Planer ist hierdurch gefordert, Varianten aufzuzeigen und diese kostenmäßig zu beziffern.

  • Die Entscheidung über die Sanierung wird in der Regel einvernehmlich zwischen dem Auftraggeber und dem Ing.-Büro im Rahmen der Klausurtagung festgelegt.

3. Entstehung eines Arbeitskonzeptes für die Einbeziehung der Grundstücke und der Fremdwasserbearbeitung

Das Problem großer Fremdwassermengen im Schmutzwasserkanal trat ins-besondere Anfang der 90er Jahre in das Bewusstsein der Stadtentwässerung. 


Fremdwassereintritt nachts beobachtet
 

 


 Allerdings waren es zu diesem Zeitpunkt in erster Linie zwei Ortsteile, die durch sehr hohen Abwasseranfall vornehmlich in den Wintermonaten sowie bei Regenereignissen auffielen.

Die Folgen hoher Fremdwasseranteile für die zentrale Abwasseranlage der Stadt Göttingen sind in erster Linie:

  • Hydraulische Überlastung des Schmutzwasserkanalnetzes

  • Ungesteuerte Entlastung über Notauslässe im Schmutzwasserkanal,

  • Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der zentralen Abwasseranlage,

  • Hohe Betriebs- und Unterhaltungskosten,

  • Erhöhte Abwasserabgabe und

  • Einige Baugebiete können nicht weiter erschlossen werden.

Die immer klarer zu Tage tretenden negativen Auswirkungen des hohen Fremdwasseranteils - insbesondere der o.g. zwei Ortsteile - führten im Winter 1993/1994 zu der Bildung einer Fremdwasserarbeitsgruppe in dem damaligen Gewässerschutzamt der Stadt Göttingen.

Eine effektive Herangehensweise an die Fremdwasserproblematik konnte erst auf der Grundlage der technologischen Entwicklung der letzten Jahre in den Bereichen der TV-gestützten Schadenserfassung (Hausanschlußkamera) sowie der Sanierungsmethodik erfolgen. Weiterhin bedurfte es einer grundsätzlichen, gedanklichen Neuorientierung bezüglich der Rolle der kommunalen Verwaltung bei der Bewertung und zielgerichteten Umsetzung einer Sanierungsmaßnahme dieses Umfanges.

In den Jahren 1994 bis 1996 wurden in den beiden Ortsteilen die Methodik der Grundstücksuntersuchung, die schriftliche Verfahrensführung mit den Grundstückseigentümern sowie die Grundzüge einer datenbankgestützten Dokumentation der grundstücksbezogenen Maßnahmen erarbeitet und weiterentwickelt. Dabei erfolgte noch ein Mitarbeiterwechsel, so dass die gesamte Bearbeitung der Fremdwasserproblematik erst allmählich in Schwung kam.

 

4. Erarbeitung einer Studie zur Sanierungskonzeption

Die Erkenntnisse der ersten Jahre wurden zusammengetragen und durch Auswertungen von bislang durchgeführten TV-Untersuchungen des Kanalnetzes sowie durchgeführten baulichen Sanierungen ergänzt. Dabei zeigte sich, dass das Fremdwasserproblem nicht auf zwei Ortsteile beschränkt war, sondern grundsätzlich das ganze Stadtgebiet betrifft:

  • Eine Vielzahl von Grundstücken sind nicht an die vorhandenen Regenwasserkanäle angeschlossen und der Regenabfluss von befestigten Flächen wird dem Schmutzwassernetz zugeleitet.

  • In Teilgebieten ist ein öffentlicher Regenwasserkanal noch nicht verlegt, so dass zwangsläufig die Entwässerung befestigter Flächen über das Mischwasserkanalnetz geschieht.

  • Neben bekannten Verbindungen zwischen Schmutz- und Regenwasserkanälen bestehen weitere Querverbindungen in unbekannter

  • Lage und Anzahl. Während die bekannten Verbindungen zwischenzeitlich verschlossen wurden, sind Aussagen über das Betriebsverhalten der unbekannten Querverbindungen nicht möglich.

  • Durch nicht fachmännisch hergestellte Anbindungen der Anschlusskanäle, Hausdränagen und sonstige Grundwasserzuflüsse treten erhebliche Fremdwasserzuflüsse im Schmutzwasserkanalnetz auf.

  • Die Straßen sind zu ca. 10% falsch angeschlossen.

  • In Teilbereichen des Entwässerungsnetzes wurde ein hoher Grundwasserspiegel für den Fremdwasserzufluss vermutet.

Zur Erarbeitung sinnvoller Lösungsmöglichkeiten für diesen Missstand wurde der Fremd- und Regenwasserabfluss aus einzelnen Teilgebieten des Entwässerungsnetzes möglichst genau und flächendeckend quantifiziert. Hierfür wurde das Ingenieurbüro Dr. Pecher beauftragt. Ein großräumig und kleinteilig angelegtes Messprogramm diente als Grundlagenermittlung.

Es gelang, Fremdwasserschwerpunkte im Entwässerungsnetz und ihre Ursachen zu untersuchen sowie den zukünftigen Fremd- und Regenwasserzufluss zur Kläranlage zu quantifizieren. Es wurde deutlich, dass ein erheblicher Anteil der befestigten Fläche an den Schmutzwasserkanal angeschlossen ist. Dadurch wächst bei Starkregenereignissen der Abwasserzufluss zur Kläranlage kräftig an. Ferner ist in Göttingen durch abfließendes Grund-, Schichten- und Dränagewasser eine ausgeprägte Jahresganglinie des Fremdwassers im Schmutzwasserkanalnetz schon bei Trockenwetter zu beobachten. Der Fremdwasseranfall erreicht dabei in den Wintermonaten seinen Höchststand.

5. Einbettung eines Fremdwasserkonzeptes in das Kanalsanierungskonzept

Die gewonnenen Erfahrungen aus den ersten drei bis vier Jahren sowie die Ergebnisse der Studie führten zu der Überzeugung, dass eine grundlegende Lösung der Fremdwasserproblematik nur durch eine flächendeckende, systematisch-logistische Untersuchung aller öffentlichen und privaten Entwässerungsleitungen realisiert werden kann. Diese Erkenntnis erforderte eine Verschmelzung der Sanierungsbemühungen im öffentlichen wie auch im privaten Bereich. Die beiden Abteilungen Kanalsanierung und Grundstücksentwässerung des nunmehr Eigenbetriebes Stadtentwässerung Göttingen, welche bislang ihr Augenmerk nahezu ausschließlich auf den ihnen jeweils unterstehenden öffentlichen bzw. privaten Bereichen gelegt hatten, wurden mit neuen Aufgaben konfrontiert. Die Integration dieser veränderten Aufgabenstellung und das Einbeziehen der Belange des "anderen" bei der Projektplanung und –umsetzung zeigten sehr schnell die gewachsenen Schachstellen der Verwaltung. Der folgende Abstimmungs- und Neuausrichtungsprozeß innerhalb der Stadtentwässerung Göttingen ließ das derzeitige grundstücksgrenzenüberschreitende Kanalsanierungs- und Fremdwasserekonzept entstehen.

Es wurde der Sanierung des privaten Grundstücksbereiches und der vollständigen Einführung des Trennsystems der entsprechend hohe, fremdwasserrelevante Stellenwert eingeräumt. Hierbei waren die Erfahrungen des bereits seit 1992 laufenden und in der ersten Stufe auf 12 Jahre konzipierten Kanalsanierungskonzeptes der Stadt Göttingen von unschätzbarem Wert.

Die Zusammenführung der Bearbeitungssysteme und der neuen Aufgabenbereiche wurden von teils kontroversen Diskussionen begleitet. Die konstruktive Umsetzung und das Zusammenführen der unterschiedlichen Standpunkte zeigt das Transformationspotential öffentlicher Verwaltungsstrukturen.

Noch in die Anfangszeit und damit in die laufenden Diskussionen fiel Ende 1997 die Entscheidung der Stadtwerke Göttingen, kurzfristig (10 Jahre) ca. 80 km Graugussrohre des Gasleitungsnetzes in offener Bauweise auszuwechseln. Sinnvollerweise wurde das Kanalsanierungs- und Fremdwasserkonzept in die Planungen der Stadtwerke integriert.

Durch dieses gemeinsame Vorgehen war es schlüssig, die anderen Leitungsträger (EVU, Telekom) sowie den Straßenbaulastträger mit in das Gesamtkonzept einzubinden. So entstand ab 1998 eine Allianz unterschiedlichster Behörden und Dienstleister, in der die Fremdwasserproblematik zukünftig in der notwendigen Dimension angegangen werden kann.

6. Umsetzung

Wesentliche Voraussetzung für die Bearbeitung der Fremdwasserproblematik ist eine ganzheitliche Betrachtung der Entwässerung. Nicht nur die Untersuchung, Bewertung und gegebenenfalls Sanierung des öffentlichen Kanals muss erfolgen, sondern gleichzeitig die Untersuchung und Sanierung auf dem privaten Grundstück. Unter Umständen ist ein separater Regenwasserhausanschluss zu legen oder ein bestehender im öffentlichen wie im privaten Bereich zu sanieren.

Zweckmäßigerweise werden die Gesamtmaßnahmen frühzeitig koordiniert und gemeinsam durchgeführt. Dies gilt in gleicher Weise für andere Leitungsträger.

Kanaluntersuchung

Während sich die Kanaluntersuchungen in der Vergangenheit nach dem bestehenden Kanalsanierungskonzept allein auf die öffentlichen Schmutzwasserkanäle bezogen, müssen sie für die neuartige Vorgehensweise ausgeweitet werden. Hausanschlüsse, in der Vergangenheit nur sporadisch und unabhängig vom öffentlichen Kanal untersucht, werden in die maßnahmenbezogene Untersuchung mitaufgenommen. Dabei geht die Untersuchung soweit wie möglich auf das private Grundstück. In der Nähe der Grundstücksgrenze wird die Lage durch das Einschlagen eines Vermessungsnagels markiert. In gleicher Weise wird der Regenwasserkanal untersucht. Wenn Hausanschlüsse vorhanden sind, werden sie ebenfalls mit einem Nagel markiert (rot - Schmutzwasser, blau - Regenwasser).

Auswertung

Da für die Sanierungsplanung des öffentlichen Kanals verschiedene regionale Ingenieurbüros eingesetzt und hiermit gute Erfahrungen gemacht wurden, lag es nahe, auch für die Bearbeitung auf den Grundstücken Ingenieurbüros einzusetzen. Die Vergabe wurde über eine VOF-Ausschreibung abgewickelt und die grundstücksbezogene Fremdwasserbearbeitung ab Herbst 1998 zwei örtlichen Ingenieurbüros mittels Rahmenaufträgen übergeben. Anzumerken ist, dass viele Büros, die an der Ausschreibung teilnahmen keinerlei Erfahrungen und zum Teil auch keine Vorstellungen bezüglich der anders gearteten Tätigkeit auf den privaten Grundstücken hatten.

Die Auswertung der Kanaluntersuchungen erfolgt nunmehr für den öffentlichen wie für die privaten Bereiche durch die beauftragten Ingenieurbüros. Dabei erhält das Büro für die Grundstücksentwässerungen einen detaillierten grundstückbezogenen Auftrag.

7. Struktur und Intension der Fremdwasserbearbeitung Göttingen

Die Erfahrungen der ersten Jahre können wie folgt zusammengefaßt werden:

  • Es gibt kein räumlich abgegrenztes Fremdwasserproblem. Neben den Undichtigkeiten der Schmutzwasserkanäle sind insbesondere die nicht oder nicht vollständig im Trennsystem entwässernden Grundstücke verantwortlich für die Fremdwasserproblematik. Abgesehen von den Neubaugebieten der 80`- und 90`er Jahre, ist der Trennungszustand der privaten Flächen in etwa 50% der Fälle zu bemängeln.

  • Die Verfahrensführung bei der Sanierung der Schäden auf den Privatgrundstücken bzw. der Einführung der getrennten Ableitung erweist sich als sehr zeitintensiv. Die Umsetzung der Baumaßnahmen muß parzellenweise in einem jeweils individuellen Verfahren abgewickelt werden. Gleichwohl hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, daß nur über die Einbeziehung des Privatbereiches ein Gesamtsanierungserfolg zu erzielen ist.

  • Eine Zeitgemäße Ansprache und eine zielgerichtete Begleitung der betroffenen Eigentümer bzw. Institutionen während der Sanierungsmaßnahme ist für den Einzel- sowie den Gesamterfolg von entscheidender Bedeutung.

8. Grundstücksbearbeitung

In den ersten Jahren wurde die schriftliche Ansprache der Eigentümer auf der Grundlage des niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes durchgeführt. Es zeigte sich, dass diese Verfahrensführung bedingt durch den hoheitlichen Charakter in Formulierung und Stil nicht das geeignetste Instrument ist, um den Bürgern das Fremdwasserproblem verständlich zu machen sowie ihnen ihren Beitrag zur Lösung des Missstandes näher zu bringen. Darüberhinaus geht der Verwaltungsansatz von der Fiktion des "unwilligen" Bürgers aus. Bedingt durch die Rückmeldung der betroffenen Eigentümer schien hier zwingend ein anderer Ansatz von Nöten, der folgende Parameter voraussetzt:

  • Alle Grundstückseigentümer sind mündige Bürger. Auftretende Widerstände werden erstmals der Unkenntnis des Problems und der Überforderung der Eigentümer zugeschrieben.

  • Jeder Grundstückeigentümer hat das Recht auf freundliche, individuelle und erschöpfende Information über die Fremdwasserproblematik generell sowie über die grundstücksbezogenen erforderlichen Maßnahmen.

  • Jeder Grundstückseigentümer soll die Möglichkeit einer fachlichen Begleitung von der Erstinformation bis zur baulichen Abnahme der Sanierungsmaßnahme an seiner Grundstücksentwässerungsanlage erhalten.

In verschiedenen Gesprächen wurde mit den beteiligten Ingenieurbüros die Vorgehensweise intensiv erörtert. Grundsätzlich wurden für die Arbeitsweise auf den Grundstücke folgende Schritte festgelegt:

1. Schritt: Grundstücksuntersuchung

Planerische Vorarbeit (Hausaktenauswertung, Nebelplanerstellung, Bürgerinformation), Aufnahme des Ist-Zustandes vor Ort, Signalnebeluntersuchung, Färbeversuche, Kanalvideo, Dokumentation der Einzelergebnisse, EDV-Erfassung.

2. Schritt: Grundstücksbearbeitung

Auswertung der TV-Untersuchungsergebnisse der SW-und NW-Hausanschlüsse, Abklärung der entwässerungstechnischen, grundstücksspezifischen Fragestellungen mit den Abteilungen der Stadtentwässerung, schriftliche Mitteilung an den Grundstückseigentümer über die festgestellten Mängel an der Entwässerungsanlage einschl. Lageplan, Sanierungs- bzw. Trennungsgespräche sowie bautechnische Beratungen mit den Grundstückseigentümern vor Ort einschl. schriftlicher Fixierung der Absprachen.

3. Schritt: Grundstücksabnahme

Bautechnische Abstimmung der Sanierung bzw. Neuverlegung der Hausanschlussleitungen mit der Abteilung Kanalsanierung, dem Ing.-Büro und der Baufirma des öffentlichen Bereiches, Begleitung der Baumaßnahmen auf dem Privatgrundstück, Abnahme der Grundstücksentwässerungsanlage mit schriftlichem Protokoll, Erstellung eines grundstücksbezogenen Bestandsplanes, EDV-Erfassung

Die Abarbeitung der Grundstücke erfolgt durch die eingesetzten Ingenieurbüros über alle Verfahrensschritte mit den involvierten Grundstückseigentümern, soweit diese auf freiwilliger Basis der notwendigen satzungsgemäßen Änderung bzw. Sanierung ihrer Grundstücksentwässerungsanlage zustimmen und die baulichen Erfordernisse beauftragen.

Alle nicht in freiwilliger Zusammenarbeit zwischen Eigentümer und Ingenieurbüro zu bearbeitenden Grundstücke werden der Stadtentwässerung zur Weiterbearbeitung übergeben. Diese Quote liegt zur Zeit bei unter 1%.

Mit der Koordination und hoheitlichen Bearbeitung schwieriger Grundstücks-entwässerungsfälle ist bei der Stadtentwässerung eine technische Angestellte befasst. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass zwischenzeitlich sowohl bei allen Mitarbeitern der Grundstücksentwässerung und im gesamten Betrieb das Stichwort "Fremdwasser" bei allen laufenden Maßnahmen und Fällen besondere Beachtung erfährt.

Zusätzlich wird durch die straßen- oder gebietsweise Bearbeitung der Entwässerungssanierung und die begleitenden Bürgerinformations-veranstaltungen auch bei den betroffenen Grundstückeigentümern und den Mietern die Problematik des Fremdwassers nahe gebracht.

 

9. Ergebnisse

Die Ergebnisse sind den Kopien der folgenden Kopien zu entnehmen.

Völlig überraschend und alle Erwartungen übertreffend ist die hohe Akzeptanz der Frage der Kanalsanierung in der Bevölkerung. Trotz Einzelkosten zwischen 5.000 DM und über 40.000 DM je Grundstück und durchschnittlichen Kosten von rd. 15.000 DM liegt die Rückgaberate schwieriger Fälle an die Stadtentwässerung bei lediglich 2% und die Widersprüche bewegen sich im Promillbereich.

10. Zusammenfassung und Ausblick

Die Fremdwasserproblematik wird von der Stadtentwässerung Göttingen als eine zentrale Herausforderung gesehen. Insbesondere mit der privatwirtschaftlichen Vergabe und des Beschränkens auf Koordinierungs- und hoheitliche Tätigkeiten scheint ein guter Weg eingeschlagen zu sein. Die angestrebte weitgehend kooperative Grundstücksbearbeitung scheint der richtige Weg, um in absehbarer Zeit Verbesserungen im privaten Bereich erreichen zu können.

Obwohl auf die Grundstückseigentümer z.T. erhebliche Aufwendungen für die Sanierung ihrer privaten Abwasserkanäle oder die Abwassertrennungsmaßnahmen auf den Grundstücken zukommen, vermeidet der eingeschlagene Weg weitestgehend langwierige verwaltungsrechtliche Verfahren. In fast allen Fällen konnte bislang mit den Beteiligten eine Einigung erzielt werden.

Zukünftig wird es darauf ankommen, die Prioritätensetzung bei der Kanalsanierung mehr aus der Problematik des Fremdwasseranfalls zu gestalten. Hierzu werden zur Zeit intensive Untersuchungen durchgeführt, in welchen Bereichen die Fremd-wassermengen besonders hoch sind, um dann abgestimmt mit dem öffentlichen Kanalbau, anderen Leitungsträgern sowie dem Straßenbaulastträger die erforderlichen Maßnahmen in Angriff nehmen zu können.

Insbesondere mit der privatwirtschaftlichen Vergabe dieses Bereiches wurde durch die Stadtentwässerung Göttingen Neuland betreten. Die ersten Erfahrungen belegen eindrücklich die Effizienz dieses Schrittes und relativieren die erheblichen Schwierigkeiten bei der externen Vergabe dieser Aufgabe.

 

Weiter Informationen bei:
Dipl.-Ing. Manfred Fiedler
Stadtentwässerung Göttingen
Tel.: 0551 400-2586
Fax: 0551 400-2842

Email: m.fiedler@goettingen.de



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