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Fremdwasser Billerbeck

Billerbecks sprudelnde Fremdwasserquellen

Zu Uromas Zeiten wuschen die Bewohner Billerbecks ihre Wäsche in Senken, in denen artesisches Quellwasser aufdrang. Heute sprudeln diese längst vergessenen Quellen auf Umwegen über Hausanschlüsse in den öffentlichen Kanal und verursachen unerwünschtes Fremdwasser.

Einer der seltenen Höhenzüge in der ansonsten morphologisch ziemlich abwechslungslosen Ebene der Münsterländer Bucht sind die Baumberge, die sich nordöstlich der Stadt Billerbeck um immerhin 100 Höhenmeter über das durchschnittliche Niveau erheben. Kreidezeitliche Sandsteine haben an dieser Stelle der Verwitterung stärkere Argumente entgegengehalten als im weiteren Umland. Die widerstandsfähigen Sandsteine sind an Trennflächen  


Ludgerusbrunnen

– so genannten Klüften – gut wegsam für Niederschlagswasser. Der so gespeiste Grundwasserkörper in den Sandsteinen und unterlagernden Kalk- und Mergelsteinen setzt sich in den Kluftgrundwasserleiter unterhalb der Stadt Billerbeck fort. Die Wassersäule kann natürlich innerhalb des Höhenzugs entsprechende Druckhöhen annehmen, für die es im Bereich der tiefer liegenden Stadt Billerbeck keine Fassung gibt. In historischer Zeit existierten in der Innenstadt an zahlreichen Stellen so genannte Aufwäschen, Bereiche, in denen Grundwasser subartesisch oder sogar artesisch (oberhalb der Geländeoberfläche) austrat. Heutzutage ist von diesen Quellen nur noch der Ludgerusbrunnen erhalten, dessen Druckhöhe aktuell rund einen Meter unter Geländehöhe liegt.

 

Artesische Quellen im Keller sind nicht jedermanns Sache
 


Fremdwasser aus Hausanschlüssen
(Download ca. 35 kb)

  Mit der Bebauung der Quellgebiete verschwand das Wasser nicht automatisch im Nichts. Aus den neueren Baugebieten der Stadt sind die aktuellen Auswirkungen bekannt: einige der Häuser im Quellgürtel der Stadt haben eine artesische Quelle im Keller, deren Wasser vom jeweiligen Besitzer gefasst und abgeleitet werden muss, damit der Keller begehbar bleibt. In den älteren Stadtgebieten erledigen offensichtlich hauptsächlich Hausdränagen, undichte Anschlusskanäle und noch nicht sanierte Schäden am öffentlichen Kanal das Problem,
indem sie das unter Druck stehende Grundwasser aufnehmen und ableiten. Diese so nüchtern geschilderten Zusammenhänge sorgen dafür, dass das Mischwassernetz der Stadt Billerbeck im gesamten Stadtgebiet erheblich mit Fremdwasser belastet ist.

Eine nächtliche Kanal-TV-Inspektion gibt erschreckende Einsicht
 

Im Rahmen eines vom nordrhein-westfälischen Umweltministerium geförderten Vorhabens wurden ausgewählte Teile des Kanalisationsnetzes durch das IKT untersucht. Neben den obligatorischen Fremdwassermengenmessungen wurden in jedem der hoch belasteten Teileinzugsgebiete nächtliche TV-Inspektionen des öffentlichen Kanals angesetzt. Die Befahrung zeigte teilweise erschreckende Bilder: obwohl der Schmutzwasserfluss im Zeitfenster zwischen Mitternacht und 4 Uhr morgens in den Wohngebieten völlig zum Erliegen gekommen war, traten aus 50 % der Hausanschlüsse zum Teil armdicke Wasserstrahlen in den Sammler ein. Klares, unverschmutztes Wasser – Grundwasser aus dem Kluftgrundwasserleiter, das unter Druck in Hausdränagen und undichte Grund- und Hausanschlussleitungen eindringt.

 


Ergebnis der nächtlichen TV-Inspektion
(Download ca. 310 kb)

 

Nur den öffentlichen Kanal zu sanieren nützt gar nichts

Wie in vielen anderen Kommunen auch, festigt sich unter den vorliegenden Ergebnissen die Erkenntnis, dass es wenig hilft, allein den öffentlichen Kanal zu sanieren. Unter dem Gesichtspunkt der Fremdwasserbeseitigung wird das Abdichten des Hauptkanals keine spürbare Verbesserung der Situation bringen: der Anteil des Fremdwassers, der nicht mehr direkt in den Sammler eintreten kann, wird jetzt seinen Weg durch das private Leitungsnetz suchen.

In Billerbeck werden bereits verschiedene Alternativen diskutiert. Die Reaktivierung still gelegter Dränagekanäle im Sohlbereich des Hauptsammlers, an die die Hausdränagen angeschlossen werden können, um drückendes Wasser von der Bausubstanz fernzuhalten, die Überleitung von gehobenem Dränagewasser in Oberflächengewässer, die teilweise neu in das Wohnumfeld eingefügt werden müssen – oder besser: können, denn diese aus der Not geborene Maßnahme könnte auch erheblich zur Verbesserung des Wohnumfelds beitragen.

Unabhängig davon, welche Maßnahme Billerbeck letztendlich ergreifen wird, eins ist sicher: eine erfolgreiche Reduzierung der Fremdwassermengen im öffentlichen Netz wird nicht ohne die Beteiligung der privaten Anschlussnehmer funktionieren.

 

Für weitere Informationen
wenden Sie sich bitte an:

Frau Dr. Sabine Cremer
IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur
Postfach 10 09 43, 45809 Gelsenkirchen
Tel.: 0209 17806-0
Fax: 0209 17806-88
Email:cremer@ikt.de



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