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IKT-eNewsletter Dezember 2012
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IKT-Newsletter

4. Tag der Grundstücksentwässerung: Private Abwasseranlagen zwischen Wissenschaft, Praxis und Politik

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IKT-Geschäftsführer
Dipl.-Ök. Roland W. Waniek
begrüßt die Teilnehmer am Tag
der Grundstücksentwässerung

Das Thema Grundstücksentwässerung kommt nicht zur Ruhe. Vor allem in Nordrhein-Westfalen ist die Unsicherheit groß, wie es weitergeht. Auch in den anderen Bundesländern schaut man gespannt auf NRW. Deshalb fand der 4. Deutsche Tag der Grundstücksentwässerung in Dortmund vor vollem Haus statt – nicht zuletzt weil sich Vertreter aller Landtagsfraktionen zum Schlagabtausch angekündigt hatten.

Darüber hinaus wurde auf der vom IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur und der Technischen Akademie Hannover (TAH) organisierten Tagung der aktuelle wissenschaftliche Kenntnisstand durch ausgewiesene Experten vermittelt. Die Vorträge vermittelten ganz unterschiedliche Sichtweisen auf die Thematik: vom engagierten Netzbetreibers über die der Bürgerinitiativen bis hin zu einer Bezirksregierung, die sich zurzeit speziell mit der Dränagewasser-Problematik befasst. Ein Themenblock lenkte den Blick über den Tellerrand hinaus ins benachbarte europäische Ausland. Und natürlich nutzten die Teilnehmer wieder ausgiebig die Gelegenheit zu Diskussionen, Meinungs- und Erfahrungsaustausch.

Fronten im NRW-Landtag verhärtet

Die umweltpolitischen Sprecher aller im NRW-Landtag vertretenen Parteien vertraten auf dem Podium die Position ihrer Landtagsfraktion in der aktuellen Diskussion und stellten sich den Fragen des Fachpublikums. Alle Vertreter sprachen sich für ein dichtes Abwassernetz aus. Doch eine flächendeckende Zustandkontrolle aller Grundstücksentwässerungsanlagen fordert inzwischen kein Politiker mehr. Eine mehr oder weniger kleine Teillösung, eigentümerfreundlich und praktikabel, schwebt allen vor. Alle reklamieren für sich, eine solche Regelung gefunden zu haben. Trotzdem scheinen die Positionen unvereinbar.

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Diskussion mit NRW-Politikern: (v.l.n.r.)
Klaus Peter Biesenbach (CDU),
Josef Hovenjürgen (CDU),
Moderator Roland W. Waniek (IKT),
Norbert Meesters (SPD),
Hans Christian Markert (Grüne),
Hanns-Jörg Rohwedder (Piraten)
und Henning Höne (FDP)

SPD und Grüne wollen alle privaten Leitungen in Wasserschutzgebieten prüfen lassen, dazu noch Gewerbe und Industrie flächendeckend auch außerhalb der Wasserschutzzonen. Damit orientiere man sich am Besorgnisgrundsatz, der gebietet, möglichen Risiken für die Umwelt vorzubeugen, sagen Norbert Meesters (SPD) und Hans Christian Markert (Grüne) einhellig.

Die Leitungen von Gewerbe und Industrie unter die Lupe nehmen, das wollen auch die Fraktionen von CDU, FDP und Piraten. Die grundsätzliche Prüfpflicht für Wohnimmobilien in Wasserschutzgebieten geht ihnen aber zu weit. Es fehle der wissenschaftliche Nachweis, dass häusliches Abwasser schädlich für Boden und Grundwasser ist, moniert die Opposition geschlossen. Solange der nicht erbracht ist, soll auch in Wasserschutzgebieten wie überall nur bei begründetem Verdacht geprüft werden, fordert Josef Hovenjürgen (CDU). Der könnte aber zum Beispiel in Bergbaugebieten und Fremdwassergebieten grundsätzlich bestehen, sagt Henning Höne von der FDP – und damit häufiger als bisher gedacht.

Beratungspflicht soll bleiben

Ein weiterer Punkt im rot-grünen Lösungsvorschlag ist für die Kommunen wichtig: Es soll nach dem Willen der Regierungskoalitionen bei der Beratungspflicht bleiben. Eine Vorlagepflicht für Prüfbescheinigungen soll noch hinzu kommen.

Neu ist der Vorschlag von SPD und Grünen, ein fünfjähriges Monitoring durchzuführen, um endlich die Frage nach der Umweltrelevanz defekter Grundstücksentwässerungsanlagen zweifelsfrei beantworten zu können. Hanns-Jörg Rohwedder von den Piraten fragt allerdings, warum Eigentümer schon tätig werden sollen, bevor die Ergebnisse des Monitorings vorliegen.

Immer wieder wurden von der Opposition die hohen Kosten vor allem der Sanierung kritisiert. Um sozialen Härtefällen vorzubeugen, will die Landesregierung deshalb einen Fördertopf mit insgesamt 10 Millionen Euro füllen.

Studie belegt Abwassereinfluss auf Grundwasser

Dr. Wolfgang Leuchs vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) beklagte, in der Diskussion seien wirtschaftliche und politische Aspekte in den Vordergrund gerückt. Die allgemeine Sorgfaltspflicht gebiete es jedoch, nachteilige Einflüsse auf das Grundwasser zu vermeiden. Funktionsprüfung und Instandhaltung ergeben sich aus diesem Grundgedanken.

Untersuchungen des LANUV belegen den Siedlungseinfluss auf das Grundwasser, differenzieren aber nicht grundsätzlich zwischen öffentlichen und privaten Leitungen. Der Siedlungseinfluss auf die Grundwasserleiter sei messbar, sagte Leuchs.

Bürgerinitiativen: Der Beweis fehlt

Nach Ansicht von Dipl.-Ing. Fritz Pucher, Sprecher des Dachverbands der Bürgerinitiativen "Dichtheitsprüfung Nein Danke!" liefert die LANUV-Studie aufgrund der fehlenden Differenzierung keinen Beweis, dass von häuslichen Abwasserleitungen eine Gefahr für das Grundwasser ausgeht. Außerdem seien die Prüfungen unzuverlässig und lassen Zweifel an der Qualifikation der Prüfer aufkommen. Die Kosten liegen laut Pucher deutlich höher als meist dargestellt wird.

Fremdwasser kommt übers Grundstück

Für Univ.-Prof. Dr.-Ing. F. Wolfgang Günthert, Universität der Bundeswehr München, ist nicht nur austretendes Schmutzwasser ein Problem, sondern auch eintretendes Fremdwasser. Bekannte Risiken: höhere Kosten der Abwasserentsorgung, Gefahr von Überlastungen und Überflutungen, Belastung oberirdischer Gewässer durch das Abschlagen ungeklärter Abwässer bei Überlastung der Kläranlage. Eine nachhaltige Reduktion des Fremdwasseranteils könne nur unter Einbeziehung privater Abwasserleitungen erfolgreich sein, sagt Günthert.

Wie mit Dränagen umgehen?

Zur Fremdwasserproblematik tragen nicht selten auch unzulässigerweise angeschlossene Dränagen bei. Dränageanschlüsse an die öffentliche Kanalisation sind in der Regel ausdrücklich verboten, kommen aber doch häufig vor, berichtet Dipl.-Ing. Bert Schumacher von der Bezirksregierung Detmold. Die durch Dränagewasser verursachten Kosten können nicht verursachergerecht umgelegt werden. Zudem kann im Rückstaufall über die Dränagen Abwasser versickern. Derzeit wird ein Leitfaden für kommunale Netzbetreiber als Entscheidungshilfe beim Umgang mit Dränagewasser vom IKT und der KommunalAgenturNRW in Zusammenarbeit mit der Bezirksregierung Detmold erarbeitet.

Orientierung an den Regeln der Technik

Unabhängig von einer möglichen landesrechtlichen Regelung betont Dipl.-Ing. Sebastian Beck, Projektleiter im IKT, die Verantwortung der Eigentümer für ihre Abwasseranlagen auf der Grundlage des Wasserhaushaltsgesetzes des Bundes. Bau, Betrieb und Unterhalt haben demnach gemäß den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu erfolgen. Ist etwas nicht in Ordnung, sind die erforderlichen Maßnahmen innerhalb angemessener Fristen durchzuführen. Um die Beurteilung von Schäden zu erleichtern, werde derzeit der Bildreferenzkatalog (www.umwelt.nrw.de/umwelt/pdf/bildreferenzkatalog.pdf) überarbeitet – mit noch mehr anschaulichen Schadensbildern und praktischen Hinweisen.

Der 4. Deutsche Tag der Grundstücksentwässerung hat einmal mehr alle Teilnehmer auf den aktuellen Stand in Sachen Dichtheitsprüfung und Zustandserfassung gebracht. Eine Momentaufnahme, die Diskussion wird weitergehen. Schließlich hat das Thema zu viele Aspekte, um es allen Beteiligten recht zu machen.




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