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Grundstücksentwässerung: Aktuelles aus Sicht des KomNetGEW

Trotz politischer Sommerpause hat sich im Bereich Grundstücksentwässerung in letzter Zeit einiges getan. So kommt ein rechtliches Gutachten der Universität Bonn zu dem Schluss, dass § 61a Landeswassergesetz NRW nicht – wie in früheren Gutachten konstatiert – verfassungswidrig sei. Das Landesumweltamt NRW (LANUV) hat eine Studie veröffentlicht, nach der abwassertypische Kontaminationen die Beschaffenheit des Grundwasserleiters in der gesamten Tiefe beeinflussen können. Und in Düsseldorf wird weiter um eine neue Lösung für die Dichtheitsprüfung gerungen – jetzt mit einer Kleinen Anfrage zweier FDP-Abgeordneten. Ein Überblick:

Gegengutachten: § 61a LWG NRW ist nicht verfassungswidrig und gilt weiter

Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) des Bundes macht § 61a Landeswassergesetz Nordrhein-Westfalen (LWG NRW) nicht unwirksam, sagt Prof. Dr. Dr. Wolfgang Durner von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Die Regelung zur Dichtheitsprüfung privater Abwasseranlagen sei nicht verfassungswidrig und deshalb weiterhin rechtsgültig.

Durner hat im Auftrag des NRW-Umweltministeriums ein Kurzgutachten über die Verfassungsmäßigkeit der Landesregelung zur Dichtheitsprüfung privater Abwasseranlagen erstellt. Er widerspricht in seinen Ausführungen den bisherigen Rechtsgutachten von Prof. Dr. Stefan Muckel von der Universität zu Köln und vom Parlamentarischen Beratungs- und Gutachterdienstes des Landtages NRW. Beide Gutachten kamen zu dem Schluss, der § 61a LWG NRW sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, das Land habe keine Kompetenz, diesen Bereich zu regeln.

Dem widerspricht Durner entschieden. Eine pauschale Aussage, ob es durch das Bundesrecht zu einer Sperrwirkung für die landeswasserrechtlichen Bestimmungen kommt, sei nicht möglich. Das müsse in jedem Einzelfall gesondert festgestellt werden. Zwar dürfen die Länder bei anlagenbezogenen Regelungen nicht vom Bundesrecht abweichen, doch seien Verfeinerungen beziehungsweise eine Ausfüllung durch Landesrecht möglich.

Durner hebt in seiner Argumentation auf das Wörtchen "soweit" in Art. 72 Abs.1 Grundgesetz ab. Dort heißt es: "Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat." Regelt der Bund eine Materie nicht bis in die hinterletzte Ecke, bleibe demnach die Regelungskompetenz für den nicht geregelten Teil bei den Ländern.

Durner geht noch weiter: Das Wasserhaushaltsgesetz sei sogar auf Ergänzung durch das Landesrecht ausgelegt. Der Wortlaut des Bundesrechts lasse ersichtlich Raum für entsprechende Konkretisierungen durch den Landesgesetzgeber.

Dass eine vorsorgliche Dichtheitsprüfung privater Abwasseranlagen möglicherweise sinnvoll ist, legt eine neue Studie des nordrhein-westfälischen Landesumweltamts nahe. Die Auswertung von Grundwassermessdaten zeigt einen deutlichen Einfluss der Besiedlung auf die Grundwasserqualität.

NRW-Studie weist nach: Abwasser belastet Grundwasser

Großbildansicht
Landesumweltamt NRW: Abwasser
aus undichten Kanälen gefährdet
das Grundwasser.
Montage: IKT
Quellen: Dieter Schütz/pixelio.de,
Kunststoffrohrverband,
photosanwald/pixelio.de

Das Landesumweltamt NRW (LANUV) hat die Studie "Grundwassergefährdung durch undichte Kanäle" veröffentlicht. Abwassertypische Kontaminationen können demnach die Beschaffenheit des Grundwasserleiters in der gesamten Tiefe beeinflussen. Die Größe des Grundwasserflurabstands spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle.

Für die Studie wurden einschlägige Literaturquellen und Analyseergebnisse der landesweiten Grundwassermessstellen ausgewertet. Die Studie kann im Internet unter www.lanuv.nrw.de unter der Bezeichnung Fachbericht 43 heruntergeladen werden.

Die Analysenergebnisse der landesweiten Grundwassermessstellen in Nordrhein-Westfalen wurden in Hinblick auf abwasserrelevante Parameter ausgewertet. An Messstellen im Einfluss von Siedlungsgebieten zeigten sich im Vergleich zu den als unbeeinflusst angenommenen Messstellen deutliche, statistisch signifikante Hinweise auf abwassertypische Grundwasserkontaminationen. Es konnte außerdem gezeigt werden, dass diese Auffälligkeiten grundsätzlich auch bei hohen Grundwasserflurabständen und über die gesamte Grundwassermächtigkeit im ersten Grundwasserstockwerk anzutreffen sind. Abwassertypische Kontaminationen können die Beschaffenheit des Grundwasserleiters somit in der gesamten Tiefe beeinflussen.

Zusätzlich wurden relevante wissenschaftliche Literaturquellen ausgewertet. Eingehend untersucht sind die Effekte der Exfiltration aus Abwasserkanälen auf das Grundwasser in den Städten Rastatt, Karlsruhe, Linz (Oberösterreich), Leipzig, Halle und Darmstadt. "Grundsätzlich konnte für alle genannten Städte ein deutlicher abwasserbürtiger Einfluss auf die Grundwasserqualität festgestellt werden", heißt es in der LANUV-Studie. Die Konzentrationen der anorganischen Indikatorstoffe wie Ammonium, Bor, Natrium, Kalium und Chlorid im Grundwasser zeigen entlang der Messstreifen auf dem Fließweg unter allen untersuchten Städten sowohl stetige Anstiege als auch punktuelle Sprünge.

Auch vor diesem Hintergrund wird in der nordrhein-westfälischen Landespolitik heftig um eine Lösung in Sachen Dichtheitsprüfung gerungen. Nach der Absichtserklärung im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen, die Dichtheitsprüfung beizubehalten, und dem erneut eingebrachten Gesetzentwurf von CDU und FDP, der zunächst von der Dichtheit aller privaten Abwasseranlagen ausgeht, haben zwei FDP-Abgeordnete nun eine Kleine Anfrage an die Landesregierung gerichtet.

Kleine Anfrage der NRW-FDP: Prüfpflicht bis zur Bundestagswahl aussetzen?

Kaum ist die Sommerpause vorüber, geht es im nordrhein-westfälischen Landtag wieder um das Dauerthema Dichtheitsprüfung privater Abwasseranlagen. Die FDP-Abgeordneten Kai Abruszat und Henning Höne wollen in ihrer Kleinen Anfrage (Landtagsdrucksache 16/646) von der Landesregierung wissen, ob sie überlegt, die Pflicht zur Dichtheitsprüfung bis zu einem Zeitpunkt nach der Bundestagswahl 2013 auszusetzen. Schließlich befürworte sie ja eine bundeseinheitliche Lösung. Weiter fragen die Abgeordneten, ob die Landesregierung an der generellen Prüfpflicht in NRW festhalten wolle, sollte es auch in der nächsten Legislaturperiode nicht zu einer bundeseinheitlichen Lösung kommen.

Schließlich möchten die FDP-Abgeordneten wissen, ob die Landesregierung Kenntnis über gerichtliche Verfahren im Zusammenhang mit der Dichtheitsprüfung hat und wie viele Resolutionen kommunaler Vertretungen gegen die Dichtheitsprüfung in ihrer bestehenden Form der Landesregierung vorliegen.

Von Seiten des Bundesumweltministeriums war in der Vergangenheit mehrfach zu vernehmen, dass mit einer Bundesverordnung in dieser Legislaturperiode nicht zu rechnen sei. Fraglich ist, ob seitens der Bundesregierung und einiger Länder grundsätzlich ein Interesse an einer solchen Regelung besteht. Die Fraktionen von CDU und FDP hatten im Juni ihren Gesetzentwurf erneut eingebracht, über den in der vergangenen Legislaturperiode wegen der Auflösung des Landtags nicht mehr entschieden wurde. Die Regierungskoalition aus SPD und Grünen verfolgt laut Koalitionsvertrag eine dem Gewässerschutz verpflichtete Vorsorgepolitik und will an der Dichtheitsprüfung festhalten.




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