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IKT-eNewsletter Dezember 2012
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IKT-Newsletter

Sanierung von Kleinkläranlagen

IKT und MFPA planen wissenschaftliche Kooperation. Kommunen zur Mitwirkung aufgerufen

Laut Statistischem Bundesamt werden in Deutschland die Abwässer von 3,2 Millionen Menschen über Kleinkläranlagen und abflusslose Gruben entsorgt (Stand 2007, vgl. [1]). Über den Zustand dieser Anlagen haben Behörden und Betreiber kaum Informationen. Auch welche Sanierungsverfahren möglich sind und wann sich ein Neubau lohnt, ist bisher noch unklar. Das IKT in Gelsekirchen und die MFPA Weimar möchten gemeinsam Licht ins Dunkel bringen und rufen interessierte Behörden in Nordrhein-Westfalen und Thüringen zur Mitwirkung auf.

Den rechtlichen Hintergrund für den Betrieb von Kleinkläranlagen bildet das Wasserhaushaltgesetz (WHG, vgl. [2]). Demnach dürfen abwassertechnische Anlagen nur nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet, unterhalten und betrieben werden. Die jeweiligen Wassergesetzgebungen der Bundesländer konkretisieren die gesetzlichen Vorgaben des Bundes in Form von Landeswassergesetzen und Verordnungen – auch für die Wartung und den Betrieb von Kleinkläranlagen.

Untersuchungen in einzelnen Bundesländern (vgl. [3], [4], [5]) haben jedoch gezeigt, dass Anlagen häufig veraltet sind oder nicht fachgerecht betrieben werden. Die Folgen sind weitreichend:

  • verunreinigte Gewässer durch Überschreitung von vorgegebenen Grenzwerten für abwasserrelevante Parameter im Ablauf der Anlage
  • Boden- und Grundwasserverunreinigungen infolge von Undichtigkeiten
  • Gefährdung der Standsicherheit durch Korrosionsschäden

Die örtlichen Wasserbehörden und Gemeinden, die für die Überprüfung der ordnungsgemäßen Wartung zuständig sind, sowie die Betreiber der Anlage stehen vor einem Problem: Über die vorhandenen Anlagen liegen häufig nur unzureichende Informationen vor. Der bautechnische Zustand und die damit verbundene Wartungsarbeit kann nicht richtig bewertet werden, so dass keine verlässliche Einschätzung der Betriebssicherheit, Standsicherheit und Dichtheit möglich ist. Ergibt sich die Sanierungsnotwendigkeit, ist bisher unklar, welche Sanierungsverfahren eingesetzt werden können und wann ein Neubau sinnvoll ist.

Bundesländerübergreifende Kooperation geplant

Das in Nordrhein-Westfalen ansässige IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur und die thüringische Materialforschungs- und -prüfanstalt an der Bauhaus-Universität Weimar (MFPA) haben diese Problematik erkannt und möchten dieses Thema nun in einem gemeinsamen Vorhaben wissenschaftlich untersuchen.

Das IKT verfügt über umfangreiches Know-how im Bereich der Zustandserfassung, des Betriebs und der Instandsetzung von Abwasserkanälen, -leitungen und -schächten. Mit Blick auf die geplante Zusammenarbeit sind insbesondere die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus abgeschlossen IKT-Forschungsvorhaben und IKT-Warentests zur Sanierung von Abwasserschächten von Interesse, die vom Land Nordrhein-Westfalen gefördert wurden (z.B. [6]). www.lanuv.nrw.de

Die MFPA kann in diesem Zusammenhang unter anderem auf umfangreiches Fachwissen im Bereich der Materialbeständigkeit und Korrosionsschäden an Bauwerken der Kanalisation zurückgreifen. Das geplante Forschungsvorhaben soll auf Erkenntnissen aus einer von der MFPA erstellten Studie zu Kleinkläranlagen in Thüringen aufbauen (vgl. [3]). www.thueringen.de

Es wird angestrebt, die unterschiedlichen wissenschaftlichen Erkenntnisse und praktischen Erfahrungen beider Bundesländer in einem gemeinsamen Forschungsvorhaben zu bündeln und entsprechende Lösungen für die Wartung, Instandsetzung und Überprüfung von Kleinkläranlagen zu erarbeiten. Folgendes Arbeitsprogramm ist geplant:

  • Ist-Analyse zum Zustand von Kleinkläranlagen: Übertragung der thüringischen Erhebungsmethodik auf Nordrhein-Westfalen zur Vergrößerung der Datenbasis unter Berücksichtigung sämtlicher Anlagentypen, Erweiterung des vorhandenen Schadenskataloges, Definition von Anforderungen an Sanierungsverfahren
  • Untersuchungen zur Eignung von Sanierungsverfahren für Kleinkläranlagen: Zusammenstellung vorhandener Verfahren und Techniken, umfassende Recherche hinsichtlich der Eignung von Sanierungsverfahren ausgehend von NRW-Erfahrungen mit Schachtsanierungen
  • Umfangreiche Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen: Gegenüberstellung von Neubau und Sanierung
  • Zusammenfassung des Wissenstands: Erarbeitung von Hinweisen zur Zustandserfassung und Handlungsoptionen zur Instandsetzung (Zielgruppe: Wasserbehörden, Grundstückseigentümer, Wartungs- und Sanierungsfirmen, Gemeinden), Entwicklung von Qualitätsfaktoren und Auswahlkriterien

Situation in Nordrhein-Westfalen und Thüringen

Die Situation der Kleinkläranlagen in beiden Bundesländern stellt sich unterschiedlich dar und kann wie folgt beschrieben werden:

  • In Nordrhein-Westfalen wurde im Jahr 2010 das häusliche Abwasser von cirka 457.000 Einwohnern über insgesamt 83.000 Kleinkläranlagen entsorgt (vgl. [3]). Dies entspricht in etwa 2,6 Prozent der Bevölkerung von NRW.
  • Thüringen verfügt laut einer Hochrechnung aus dem Jahre 2004 (vgl. [3]) über insgesamt 263.000 Kleinkläranlagen. 876.000 Einwohner (36 Prozent) sind in Thüringen an Kleinkläranlagen angeschlossen.

Das geplante Vorhaben greift die unterschiedlichen Situationen und die damit verbundenen unterschiedlichen Erfahrungen beider Bundesländer hinsichtlich Betrieb, Instandsetzung und Überwachung von Kleinkläranlagen auf. Nordrhein-Westfalen und Thüringen profitieren vom umfangreich Erfahrungs- und Wissensaustausch.

Aus diesem Grund werden interessierte Behörden in Nordrhein-Westfalen und Thüringen zur Mitwirkung und Unterstützung aufgerufen!

Kontakt



Dipl.-Ing. Thomas Brüggemann (IKT)
E-Mail: brueggemann@ikt.de
Telefon: +49 (0) 209 / 17806-18

Dr.-Ing. Michael Berndt (MFPA)
E-Mail: michael.berndt@mfpa.de
Telefon: +49 (0) 36 43 / 5 64 – 186


Literatur

[1] Statistisches Bundesamt: Umwelt – Öffentliche Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung 2007, Wiesbaden 2009.

[2] Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushaltes – Wasserhaushaltsgesetz (WHG) in der Fassung vom 1. März 2010.

[3] Kämpfer, W.; Berndt, M.; Londong, J.; Kaub, M.: Zustandserfassung von Kleinkläranlagen in Thüringen und Vorschläge für die technische Umsetzung der Anforderungen der Abwasserverordnung, Studie, Freistaat Thüringen, Weimar.

[4] Dorgeloh, E.; Finke, G.; Heise, B.; Hilmer, R.; Otto, U.: Qualitätskriterien für den Einsatz von Kleinkläranlagen. KA 52 (2005) 2, 170-179.

[5] Scheer, H.: Erfahrungen mit dem Betrieb, der Überwachung und der Leistungsfähigkeit von Kleinkläranlagen. Schriftenreihe Gewässerschutz Wasser Abwasser (GWA) Bd. 172, 1999, 15/1–15/7.

[6] Liebscher, M.; Gillar, M.: Sanierung von Abwasserschächten – Untersuchung von Materialien und Systemen zur Abdichtung und Beschichtung, im Auftrag des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW; IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur, Gelsenkirchen 2011.

[7] Internetinformationen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW, November 2012. www.lanuv.nrw.de/wasser/abwasser/kleinklaer.htm



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