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IKT-eNewsletter Mai 2012
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Fachdiskussion im IKT: Pro und Contra der Prüfung privater Abwasserleitungen

Novellierung des § 61a LWG NRW: Diskussion mit den umweltpolitischen Sprechern der Parteien im NRW-Landtag und Fachleuten aus Kommunen und Wirtschaft

Politiker, Mitarbeiter von Abwassernetzbetreibern, Vertreter von Interessensverbänden, Wissenschaftler – sie alle diskutierten bei einer außerordentlichen Sitzung des Kommunalen Netzwerks Grundstücksentwässerung (KomNetGEW) über die Neuausrichtung der NRW-Regelungen zur Dichtheitsprüfung. Fast 150 interessierte Fachleute kamen zu diesem Termin ins IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur in Gelsenkirchen.

Positionen der Politik

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Außerordentliche
Sitzung des KomNetGEW

Kurz vor der inzwischen entschiedenen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen lag die Frage im Fokus, wie die Parteien zum Thema Dichtheitsprüfung stehen. Die Einstellungen ihrer Parteien zu diesem Thema stellten Rainer Schmeltzer (SPD), Hans Christian Markert (Grüne) und Dr. Stefan Romberg (FDP) vor. Die Vertreter von CDU und Linksfraktion zogen ihre Zusage zur Teilnahme kurzfristig zurück.

Im dicht besiedelten NRW stehen nachhaltige Lösungen und Grundwasserschutz im Vordergrund, betonte SPD-Mann Schmeltzer. Die bisherige Regelung gelte zwar weiter, die SPD strebe aber eine zügige Neuregelung an. Die Sozialdemokraten wollen eindeutige Regelungen, die den Besorgnisgrundsatz berücksichtigen. Fachleute und Kommunen forderte Schmeltzer zur Zusammenarbeit bei der Überarbeitung des Gesetzes auf.

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Fachdiskussion

Solange negative Umweltauswirkungen schadhafter Kanäle nicht belegt werden können, sei die mit der Dichtheitsprüfung und Sanierung einhergehende Belastung der Bürger nicht vertretbar, stellte Dr. Stefan Romberg die Position der NRW-FDP klar. Nach der Veröffentlichung des Gutachtens des juristischen Dienstes des Landtags (siehe infodienst März 2012) wolle die FDP die Klärung der gesetzlichen Grundlage für eine Regelung auf Landesebene abwarten. Danach soll eine bürgerfreundliche Lösung mit hoher Akzeptanz erarbeitet werden.

Grundlage für die Position der Grünen sei aus umweltpolitischen, eigentumsrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Gründen der wasserrechtliche Besorgnisgrundsatz, machte Hans Christian Markert deutlich. Nach der Sommerpause werde man sich zur Findung einer fairen Lösung zusammensetzen. Der Schwerpunkt solle künftig auf der Funktionsprüfung der Anlagen liegen. Angestrebt werden flächendeckende, fristengeregelte und sozial sensible Lösungen.

Sicht der Kommunen

Die KomNetGEW-Kommunen sehen die Stadtentwässerung als ganzheitliche Aufgabe an, erläuterte Dipl.-Ing. Joachim Schulte, Geschäftsführer der SEG Stadtentwässerung Schwerte GmbH. Zur Aufstellung eines qualifizierten Abwasserbeseitigungskonzepts müssen fundierte Daten sowohl über die öffentlichen als auch über die privaten Entwässerungsanlagen vorliegen. In vielen Kommunen habe sich daher die Überzeugung durchgesetzt, dass der bislang eingeschlagene Weg mit der Umsetzung des § 61a Landeswassergesetz NRW eine sinnvolle Vorgehensweise ist.

Fachleute beziehen Stellung

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Prof. Dr. Johannes Weinig
plädierte für die Prüfung

In einer offenen Diskussion argumentieren Experten für die Dichtheitsprüfung. Die Gegenposition war deutlich unterrepräsentiert. Sowohl Prof. Dr. Hartmut Hepcke, der sich vielfach gegen die Prüfpflicht ausgesprochen hat, als auch Fritz Pucher, Vorsitzender des Dachverbands der Bürgerinitiativen "Dichtheitsprüfung Nein Danke!", konnten nicht teilnehmen.

Prof. Dr. Johannes Weinig von der Fachhochschule Bielefeld plädierte aus mehreren Hauptgründen für die Prüfung: Erstens schade Fremdwasser dem Gesamt-Entwässerungssystem – mit den bekannten Folgen wie z.B. Gefährdung der Standsicherheit, Überforderung vorhandener Beckenvolumina und schlechtere Reinigungsleistung der Kläranlagen. Zweitens fehle es im hydrologischen Kreislauf zur Grundwasser-Neubildung. Und drittens würden ausgetretene Stoffe in der Umwelt verbleiben.

Besonders ältere Steinzeugleitungen ohne Elastomerdichtung mit einem Baujahr vor 1965 seien sehr schadensträchtig, erläuterte Dr. Olaf Kaufmann, Wissenschaftlicher Beirat im VDRK (Verband der Rohr- und Kanal-Technik-Unternehmen). Mindestens 80 Prozent dieser Leitungen seien so schadhaft, dass sie mittelfristig saniert werden müssen. Bei 30 Prozent bestehe sofortiger Handlungsbedarf, und zwar nicht unter dem Aspekt des Umweltschutzes, sondern unter betrieblichen Aspekten.

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Claus Externbrink

Claus Externbrink, Stadtbetrieb Abwasserbeseitigung Lünen (SAL) bestätigte diese Zahlen. Von 4.000 untersuchten privaten Abwasseranlagen in Lünen seien nur 18 Prozent ohne Schäden gewesen. Das heiße aber nicht, dass alle anderen Leitungen saniert werden müssten. Für die Dichtheitsprüfung gebe es öffentliches und privates Interesse: Einerseits werde durch schadhafte Leitungen das Straßenvermögen bedroht, andererseits bestehe ein Risiko für Bausubstanz und Funktionsfähigkeit der Anlage. Akut sanierungs-bedürftig seien seinen Erfahrungen zufolge 25 Prozent der untersuchten Anlagen.

Kosten werden klarer

Gerhard Treutlein, Geschäftsführer des VDRK, berichtete von den Ergebnissen einer Umfrage unter den Mitgliedsunternehmen seines Verbands. Demnach koste die Prüfung inklusive vorangehender Reinigung im Mittel 13,49 Euro pro Meter, für ein durchschnittliches Einfamilienhaus mache das etwa 300 Euro. Diesen Wert konnte auch Heiko Möller vom Dienstleistungsunternehmen Lobbe Entsorgung West bestätigen. Nach der Erfahrung von mehreren Tausend untersuchten und sanierten Grundstücksentwässerungsanlagen in den vergangenen zwei Jahren koste eine Komplettsanierung etwa 200 bis 220 Euro pro Meter.

Die Dichtheitsprüfung bleibt wohl weiterhin ein kontroverses Thema – unter Fachleuten, in der Bevölkerung und auch in dieser neuen Legislaturperiode des NRW-Landtags.




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