IKT - Artikelarchiv
und/oder


IKT-eNewsletter Oktober 2008
<<< Druckversion aller Artikel Druckversion des akuellen Artikels >>>


IKT-Newsletter

Bedarfsorientierte Kanalreinigung:
Beobachtete Tagesleistungen

Die in der Praxis erzielbare Tagesleistung bei der Unterhaltungsreinigung ist eine wichtige Kenngröße bei der bedarfsgerechten Planung der Kanalreinigung. Sie stellt außerdem eine einfache Möglichkeit für eine erste, überschlägige Beurteilung der Angebote oder der abgerechneten Reinigungsleistungen von Fachfirmen dar. Jeweils einen Tag begleiteten IKT-Forscher Reinigungseinsätze bei zwölf Netzbetreibern.

Datenaufnahme

Die IKT-Fachleute dokumentierten vor Ort die einzelnen Reinigungsschritte und ermittelten die gereinigte Kanallänge pro Tag in Metern. Zudem untersuchten sie vor und nach der Reinigung die betroffenen Netzabschnitte auf Ablagerungen, um die Auswirkungen verschiedener Ablagerungssituationen berücksichtigen und den jeweiligen Reinigungserfolg feststellen zu können. Zum Einsatz kam dabei eine Schachtzoomkamera, die exemplarische Ablagerungsuntersuchung für das jeweilige Teileinzugsgebiet durchführt.

Von den zwölf beteiligten Kanalnetzbetreibern reinigen neun Betriebe das Kanalnetz mit eigenem Personal und eigenen Hochdruckreinigungsfahrzeugen. Bei drei Kanalnetzbetreibern dokumentierten die IKT-Forscher die Kanalreinigung durch private Reinigungsfirmen. Sieben Netzbetreiber setzen in den Untersuchungen ein Fahrzeug mit einer kombinierten Spül- und Saugeinrichtung mit Wasserrückgewinnung ein. Die anderen Netzbetreiber arbeiten mit einem Fahrzeug ohne Wasserrückgewinnung. Um die einzelnen Tätigkeiten bei der Kanalreinigung bei allen Netzbetreibern unter gleichen Bedingungen aufnehmen zu können, müssen folgende Vorgaben vor Beginn der Tätigkeiten eingehalten werden:

  • Voll getanktes Reinigungsfahrzeug mit Wasser und Kraftstoff vor Beginn der Tätigkeiten, um die Gesamtwassermenge bzw. Gesamtkraftstoffmenge im Rahmen der Tätigkeiten ermitteln zu können.
  • Leere Schlammkammer, um die Räumgutmenge des Reinigungstages zu ermitteln. Im Nachgang den Inhalt der Schlammkammer entsorgen.
  • Ankunft der Reinigungsdüse am Zielschacht z.B. durch akustische Wahrnehmung oder Öffnen des Schachtes.
  • Reinigung von Kanälen bis zu maximal DN 600.

Die IKT-Fachleute beobachteten, dass nur etwa die Hälfte der Arbeitszeit tatsächlich für die Reinigung von Haltungen und Schächten vor Ort zur Verfügung stand. Allein ein Drittel der Arbeitszeit wendeten die Kanalreiniger als Rüstzeit auf. Gerade bei den Fahrzeugen ohne Wasserrückgewinnung macht sich dies durch das Tanken mit Spülwasser bemerkbar. Durchschnittlich benötigten die Teams rund eine Stunde für Fahrten zwischen Reinigungsort und Betriebshof. Zeiteinsparungen sehen die Teams, wenn die Pause im Reinigungsgebiet verbracht wird.

Großbildansicht
Zeitbedarf für Tätigkeiten bei einem
8-h-Tag Kanalreinigung in Prozent
Großbildansicht
Schwankungsbreiten des Zeitbedarfs
für Kanalreinigungsarbeiten (8-h-Tag)

Tagesleistung erhöhen

Die Tagesleistungen lassen sich erhöhen, indem die Geräte für die Haltungs- und Schachtreinigung möglichst lange eingesetzt werden. Gerade private Reinigungsfirmen achten verstärkt darauf, indem die Teams beispielsweise deutlich mehr als acht Stunden täglich arbeiten. Für die Darstellung in den Diagrammen wurden jedoch sämtliche betrachteten Einsatztage auf einen 8-Stunden Tag (ohne Darstellung der Pausenzeiten) normiert.

Optimierungspotenzial bietet insbesondere die Organisation des Spülwasserbezugs. Fahrzeuge mit Wasserrückgewinnungstechnik müssen je nach Abfluss im Kanal weniger häufig tanken. Private Reinigungsfirmen nutzen die Zeit des Wasserbetankens auch für Frühstücks- und (verkürzte) Mittagspausen. In einigen Betrieben werden die Waschzeiten der Mitarbeiter nicht als Arbeitszeit vergütet.

Großbildansicht
Düsengeschwindigkeiten
bei Einfahrt und Rückzug

Aber auch die Geschwindigkeit mit der die Reinigungsdüse durch den Kanal gezogen wird, beeinflusst maßgeblich die Tagesleistung. Deswegen nahmen die IKT-Fachleute auch die Zeiten für das Einfahren und Zurückziehen der Reinigungsdüse auf und ordneten sie den Haltungslängen anhand von Plandokumenten zu. Im Durchschnitt betrug die Einfahrgeschwindigkeit der Düse rund 62 m/min. Die Rückzugsgeschwindigkeit lag etwa bei 23 m/min.


Großbildansicht
Düseneinfahrgeschwindigkeiten
Großbildansicht
Düsenrückzugsgeschwindigkeiten

Ablagerungen

Für das Einfahren in den Kanal wählten die Teams durchweg eine hohe oder auch die maximale Düsengeschwindigkeit, die von der Zugkraft der Düse abhängt. Der Düsenrückzug erfolgt über die Motorhaspel und wird in Abhängigkeit der Ablagerungssituation gesteuert. Je höher das Ablagerungsaufkommen ist, desto kürzer sollten die Reinigungsabschnitte und umso geringer sollte die Rückzugsgeschwindigkeit gewählt werden, damit das Räumgut sukzessive zum Entnahmeschacht transportiert werden kann. Bei größeren Räumgutmengen wurden im Rahmen von großmaßstäblichen Versuchen nach [1] gute Erfahrungen mit Rückzugsgeschwindigkeiten im Bereich von 12 bis 24 m/min gemacht.

Mit der Schachtzoomkamera konnten die IKT-Fachleute vor der Kanalreinigung nur wenig Ablagerungen feststellen. Auch die einzelnen Teams bewerteten den Reinigungsbedarf überwiegend als gering. Nur in einem Fall lag ein nennenswerter Feststoffeintrag aus Steinen und Asphaltmaterial vor, der sehr wahrscheinlich aus Straßenbauarbeiten stammte.

Großbildansicht
Hoher Feststoffeintrag
aus einer Baumaßnahme
Großbildansicht
Asphaltmaterial als
entnommenes Kanalräumgut


Großbildansicht
Tagesleistungen,
Kanäle < DN 700

Die Inspektion nach der Kanalreinigung zeigte grundsätzlich weitgehend ablagerungsfreie Kanäle. Zuvor bereits beobachtete punktuelle Ablagerungen stellten sich jedoch sehr schnell wieder ein, wie eine Inspektion wenige Tage nach der Reinigung ergab. Bei Wurzeleinwüchsen spülten die Teams durch die Kanalreinigung das teilweise verschlammte Wurzelpolster frei, jedoch ohne das Wurzelwerk maßgeblich zu beschneiden. Hier sind weitergehende Maßnahmen durch Spezialgeräte (Wurzelschneider etc.) notwendig, die nicht im Rahmen der Unterhaltungsreinigung eingesetzt werden.

Tagesleistungen und Betriebsparameter

Die folgende Tabelle zeigt zusammenfassend die im Zuge der Reinigungsbegleitung erhoben Daten zu Tagesleistungen und Betriebsparametern.

Insgesamt dokumentierten die IKT-Fachleute Tagesleistungen zwischen 860 und 2.610 Metern. Bei der maximal erreichten Tagesleistung von 2.610 m wurden regelmäßig vier bis fünf Haltungen in einem Reinigungszyklus gezogen. Dabei nahm das Reinigungsteam das Räumgut lediglich in drei von 70 Schächten mit einem Saugschlauch auf. Auch wurden hohe Düsenrückzugsgeschwindigkeiten gewählt, bei denen maßgebliche Ablagerungen nicht mehr bis zum Entnahmeschacht transportiert werden können.

Neben den Kanälen reinigten sieben Netzbetreiber sämtliche Schächte einschließlich Schmutzfänger. Fünf Netzbetreiber führten keine Schachtreinigung durch. In einigen Fällen reinigten sie Schmutzfänger.

Nur in einem Fall lag ein erhöhtes Ablagerungsaufkommen vor. Die Räumgutmenge betrug am Ende des Arbeitstages 4,5 m³. Im Vergleich dazu betrug die Räumgutmenge in den anderen Fällen nur bis zu 1,5 m³. Ein Reinigungsteam verbrauchte mehr als 200 Liter Diesel verbraucht. Dies resultierte u.a. aus der hohen Pumpenlaufzeit an diesem Arbeitstag und dem eingesetzten Reinigungsfahrzeug mit Wasserrückgewinnungstechnik und hoher Antriebsleistung (430 PS). Die Wasserrückgewinnungstechnik bei Kanalreinigungsfahrzeugen ist i.d.R. mit höherem Kraftstoffverbrauch verbunden. Der Kraftstoffverbrauch der anderen Teams lag im Durchschnitt bei rund 80 Liter pro Arbeitstag. Hochgerechnet auf einen Kilometer wurden durchschnittlich etwa 31 m³ Spülwasser verbraucht.

Die höchste gemessene Düsenvorlaufzeit lag bei 105 m/min. Hier wurde eine leistungsstarke Hochdruckpumpe mit einem maximalen Druck von 250 bar eingesetzt. Die anderen Netzbetreiber setzten eine Pumpe bis zu 170 bar für die Kanalreinigung ein.

Großprofil DN 1400

Exemplarisch begleiteten die IKT-Fachleute ein weiteres Team bei der Reinigung eines Großprofils. Dabei handelte es sich um einen Hauptsammler mit einer Nennweite von DN 1400. Die Ablagerungssituation wurde ebenfalls im Vorfeld und im Nachgang der Reinigung mit einer Schachtzoomkamera untersucht.

Insgesamt reinigte das Team an diesem Arbeitstag lediglich zwei Haltungen, weil u.a. neben der erschwerten Arbeitssituation auch noch ein relativ starkes Ablagerungsaufkommen vorlag. Darüber hinaus musste das Reinigungspersonal in beide Arbeitsschächte einsteigen, um die Ablagerungen mit einer Schaufel zusammen zuführen, um sie besser aufsaugen zu können. Die Inspektion nach der Reinigung zeigte einen weitgehend ablagerungsfreien Kanal.

Bei diesem Reinigungseinsatz handelt es sich um eine Sonderreinigung eines Großprofils mit hohem Ablagerungsaufkommen und erschwerter Zugänglichkeit. Die erfassten Leistungskennwerte sind daher nicht vergleichbar mit den Leistungskennwerten in der Tabelle. Die Daten werden nicht in die Auswertung aufgenommen.

Fazit

Tagesleistungen sind immer auch vor dem Hintergrund der Verschmutzungssituation und der gewünschten Reinigungsqualität zu diskutieren. Bei den begleiteten Reinigungseinsätzen lag überwiegend kein Reinigungsbedarf vor, obwohl bereits länger nicht gereinigt wurde und die turnusmäßige Reinigung anstand. Hier lässt sich ein Potenzial für die Bedarfsorientierte Reinigungsplanung erkennen.

Literatur

[1] Bosseler, B.; Schlüter, M.: Kanalreinigung - Düsen, Drücke, Hochdruckstrahlen; Endbericht des IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur im Auftrag des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes NRW; 2004.

Ihre Mitwirkung ist gefragt!

Aktuell bearbeitet das IKT gemeinsam mit der Ruhr-Universität Bochum ein Projekt zur Bedarfsorientierten Kanalreinigung. Netzbetreiber sind zur Mitwirkung aufgerufen! Ihre Erfahrungen, zum Beispiel zur machbaren Tagesleistung, fließen direkt in dieses Projekt ein.

Setzten Sie sich mit den IKT-Experten der Kanalreinigung in Verbindung!



Dipl.-Ing. Marco Schlüter
IKT – Institut für Unterirdische Infrastruktur gGmbH
Exterbruch 1
45886 Gelsenkirchen
Tel.: 0209 17806-31
Fax: 0209 17806-88
E-Mail: info@ikt.de
Internet: www.ikt.de



  Weitere Artikel zum Thema  
  Kanalreinigung  
  Umfrage: Folgen der Kanalabdichtung für Vegetation und Bauwerke? 09/12  
  NEU: Fahrzeug-Check für Hochdruckspül- und Saugfahrzeuge 09/12  
  NEU: Fahrzeug-Check für
Hochdruckspül- und Saugfahrzeuge
07/12  
 


<<< Druckversion aller Artikel Druckversion des aktuellen Artikels >>>
Zum Seitenanfang >>>


© IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur gGmbH 2024
Alle Rechte vorbehalten
Vervielfältigung nur mit Genehmigung des IKT