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Prüfkriterien beim Schlauchlining: Klare Ergebnisse

Von Mario Heinlein, Wilhelm Kröller, Thorsten Schamer und Roland W. Waniek

Die labortechnische Untersuchung von Probestücken ist ein zentrales Element der Qualitätssicherung beim Schlauchlining. Nachdem die Vergleichbarkeit der Prüfergebnisse unterschiedlicher Labors immer wieder in Zweifel gezogen wurde, sollen nun vereinheitlichte Prüfkriterien, festgeschrieben in einer „zusätzlichen technischen Vertragsbedingung“ für Klarheit sorgen und dem Markt die nötige Sicherheit geben.

Die ZTV für Materialprüfung an
Probestücken von vor Ort härtenden
Schlauchlinern ist ab sofort unter
www.relining.nuernberg.de erhältlich

Schnelligkeit, Flexibilität, wenig Behinderungen, Wirtschaftlichkeit – viele Kanalnetzbetreiber wollen auf die Vorteile und Stärken des Schlauchliningverfahrens bei der Sanierung ihrer Kanäle nicht verzichten. Gleichzeitig sind sie nicht bereit, Abstriche bei der Qualität hinzunehmen. Da Qualität beim Schlauchlining jedoch in wesentlichem Maße erst auf der Baustelle erzeugt wird, galt es Rahmenbedingungen zu definieren, die in der Lage sind, das gewünschte und seitens des Auftraggebers bestellte Qualitätsniveau verlässlich zu erreichen. Aus diesem Grund hat die Arbeitsgruppe süddeutscher Kommunen zusammen mit dem Rohrleitungssanierungsverband RSV das Anforderungsprofil für die Ausschreibung vor Ort härtender Schlauchliningsysteme entwickelt, das sich inzwischen als verlässliche Vertragsgrundlage zwischen Bauherr und ausführender Firma in der Praxis vielfach bewährt hat. Unbefriedigend war bislang jedoch die Beurteilung der Qualität des eingebauten Liners auf der Grundlage der durchgeführten Materialprüfungen.

Bisher: Verunsicherung

Folgerichtig fokussierte sich in jüngster Zeit die Diskussion in der Branche auf die labortechnische Prüfung der Probestücke. Viele kritische Aussagen stehen bisher im Raum:

  • „Gleiche“ Probestücke werden an zwei Prüflabors versandt und die Ergebnisse variieren sehr stark.
  • Die Prüfer prüfen unterschiedlich.
  • Die Normung ist nicht eindeutig.
  • Auftraggeber beauftragen sehr unterschiedliche Prüfverfahren.

Letztlich bedeutet dies: Wegen Normenfehlstellen und deren unterschiedlicher Interpretation und wegen der unterschiedlichen Auslegung bereits vorhandener Normenvorgaben, aber auch bereits wegen der unterschiedlichen Geometrie von Probestücken können die Materialprüfungsergebnisse der Vergangenheit zwischen verschiedenen Labors aber auch zwischen verschiedenen Probestücken von einander abweichen und somit nicht eindeutig verglichen werden.

Dieser Zustand muss umso mehr alarmieren, wenn man sich vor Augen führt, dass eben die Ergebnisse der Materialprüfung über Wohl und Wehe in der Beurteilung der durchgeführten Kanalsanierung entscheiden. Eine verbindliche und belastbare Qualitätsfeststellung, die letztlich Grundlage für die Vergütung der Leistung ist, ist auf dieser Basis nur eingeschränkt möglich. Entsprechend kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen Auftraggebern, Auftragnehmern und Prüflabors.

Jetzt: Einigung

In den am Markt befindlichen Vertragsbedingungen zwischen Bauherrn und ausführender Firma sind für die Beurteilung der Leistung sehr enge Toleranzen vorgegeben. Aus diesem Grund haben der Rohrleitungssanierungsverband RSV e.V. und die Arbeitsgruppe süddeutscher Kommunen aus ihrer Sicht die geltenden Normen auf Fehlstellen und Interpretationsspielräume durchleuchtet und die Thematik ausführlich mit mehreren Sachverständigen, Prüflaboren und Wissenschaftlern diskutiert. Es wurde sehr schnell klar, dass es nötig ist, das Vertragsverhältnis zwischen dem Bauherrn als Auftraggeber der Laborprüfung und dem Prüfer schriftlich und konkret zu regeln. Nur durch diese Festschreibung und der darin enthaltenen genauen Beschreibung jedes einzelnen Versuches ist sichergestellt, dass

  • die Prüfabläufe immer gleich sind,
  • die Ergebnisse vergleichbar sind,
  • der Bauherr und die ausführende Firma in ihrem Vertragsverhältnis sicher sein können,
  • die Besonderheiten des Probestücks gleichartig Berücksichtigung finden,
  • und letztendlich herausgefunden werden kann, welche Streuung der Ergebnisse aus dem Verbundmaterial selbst resultiert.

Um dies zu realisieren und die Bündelung vieler Kompetenzen am Markt zu erreichen, schloss sich eine Arbeitsgruppe aus

  • der Arbeitsgruppe süddeutscher Kommunen
  • dem Rohrleitungssanierungsverband RSV e.V.,
  • der Hamburger Stadtentwässerung und
  • verschiedenen Prüflaboratorien

zusammen. Das Ergebnis ist jetzt nach intensiven Diskussionen in Form einer zusätzlichen technischen Vertragsbedingung (ZTV) fertiggestellt. Ziel dieser ZTV Materialprüfung ist es, den Marktteilnehmern im Bereich des Schlauchlining überregional einheitliche und fachlich fundierte Regularien zu Verfügung zu stellen, die deutschlandweit und unabhängig vom beauftragten Prüflabor eine klare und verlässliche Aussage über die Werkstoffqualität des eingebauten Schlauchliners ermöglicht. Einen Schwerpunkt der neuen ZTV bildet das Vertragsverhältnis zwischen dem Bauherrn, dem Prüflabor und der ausführenden Firma. Hierin ist zunächst klar geregelt, dass der Bauherr Auftraggeber des Prüflabors ist, und nicht die ausführende Firma. Ferner muss explizit die Fachkunde des Labors, die Beauftragung Dritter für Einzelversuche, der Verbleib der Probestücke, das Recht der Ergebniseinsicht verschiedener Vertragsparteien und die Form der Ergebnisdarstellung festgelegt sein.

Weiter sind die Versuche, die an den Probestücken durchgeführt werden können, um eine eindeutige Beurteilung der Materialqualität in allen Belangen zu erhalten, in ihren Randbedingungen und in der Durchführung klar definiert und eindeutig beschrieben. Im Einzelnen sind dies folgende Prüfungen:

  • 3-Punkt-Biegeversuch
  • Scheiteldruckversuch
  • Dichtheit
  • 24- h-Kriechneigung (Kn24)
  • Reststyrolgehalt
  • DSC -Analyse in Prüfung
  • Spektralanalyse
  • Bestimmung von Füllstoff- und Glasgehalt
Flow-Chart zur Darstellung der notwendigen Prüfreihenfolge

Zusätzlich zu den einzelnen Materialprüfungen wurden allgemeine Vertragsinhalte, ein Probenbegleitschein und eine standardisierte Ergebnisdarstellung erarbeitet. Die Bewertung der Ergebnisse erfolgt durch Auftraggeber und Auftragnehmer gemeinsam. Im Falle von Unstimmigkeiten ist ein Sachverständiger hinzuzuziehen.

In Zukunft: Eindeutige Ergebnisse

Die ZTV für die Materialprüfung an Probestücken von vor Ort härtenden Schlauchlinern der vier an der Arbeit beteiligten Parteien liegt jetzt vor und wird ab sofort angewandt werden. Durch die damit erreichten gleichen Prüfabläufe bei den verschiedenen beauftragten Prüflaboratorien und durch Kriterien für die Beschaffenheit von Prüfkörpern werden künftig die Ergebnisse vergleichbar werden. Nach einer ausreichenden Zahl an Prüfungen wird deren statistische Auswertung verlässlichere Aussagen über die aufgrund materieller Varianzen vorhandenen Streuungen geben.

Ausgehend von der Initiative der Arbeitsgruppe süddeutscher Kommunen, der Hamburger Stadtentwässerung und des RSV als Interessenvertreter der Sanierungsunternehmen und in Abstimmung mit den beteiligten Prüflabors, die teilweise sehr unterschiedliche Positionen in die phasenweise nicht leichten Verhandlungen einbrachten, ist jetzt ein Durchbruch in einem Bereich gelungen, in dem es in der Vergangenheit immer wieder kontroverse Diskussionen und Konflikte gegeben hat. Mit der Einigung der Arbeitsgruppe auf die in der ZTV formulierten Regeln wird dem Markt ein Instrument zu Verfügung gestellt, das in der Lage ist, Vertrauen und Verlässlichkeit nicht nur in die Materialprüfung zu verbessern. Insbesondere für Kanalnetzbetreiber ist diese ZTV ein weiteres Werkzeug, um Schlauchlining mit seinen vielen – nicht zuletzt wirtschaftlichen – Vorteilen als zuverlässiges Sanierungsverfahren einsetzen zu können, ohne dabei auf gesicherte Qualität verzichten zu müssen.

Weitere Informationen:

Die ZTV für die Materialprüfung an Probestücken von vor Ort härtenden Schlauchlinern ist ab sofort unter www.relining.nuernberg.de erhältlich.

Quelle: bi UmweltBau 1/2008



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