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IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur gGmbH

Die Starkregen-Berater

Beitrag vom 20. Juni 2018
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Peter Esser zwischen Betonblöcken

Peter Esser vor einem Teil des „Wellenbrechers“, der derzeit dafür sorgt, das bei Starkregen das Haus an Stiepels tiefster Stelle trocken bleibt. Foto: André Hirtz / FUNKE Foto Services

Peter Esser und Belinda Schulte-Wermlinghoff vom Bochumer Tiefbauamt unterstützen Bürger bei der privaten Überflutungsvorsorge
(aus: Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom 19. Juni 2018)

Von Ute Schwarzwald (WAZ)

Bochum. Da stehen sie nun, unterhalb der Dorfkirche in Stiepel, und strahlen mit der Sonne um die Wette: Bochums erste, offiziell zertifizierte Starkregen-Berater, Belinda Schulte-Wermlinghoff (50) und Peter Esser (51). Genau genommen stehen sie vor einem Haus weit unterhalb der Kirche, ganz unten sozusagen. Früher lief den Bewohnern bei Unwettern das Wasser über die Pantoffeln. Künftig bleibt’s trocken. Was nicht das Strahlen der Sonne erklärt, aber das der Starkregen-Berater. Denn dieser Erfolg ist: ihr Werk.

Belinda Schulte-Wermlinghoff und Peter Esser gehören zum ersten Dutzend, das vor dem IKT ‑ Institut für unterirdische Infrastruktur die „Starkregenvorsorge“-Prüfung ablegte. Die Ausbildung wird erst seit Oktober 2017 angeboten. Im dritten Kurs, der im November startet, gibt’s noch reichlich freie Plätze. „Doch das Interesse wächst“, sagt Lehrgangsleiter Marco Schlüter. „Starkregen-Ereignisse wie das von Ende Mai, die Bilder aus Wuppertal helfen.“ Das Seminar richtet sich vor allem an Kommunen; es geht um das, was die Städte tun können, um sich zu wappnen. Es geht aber auch um das, was Bürger selbst tun können, um sich und ihr Heim zu schützen.

Schulte-wermlinghoff und Esser besprechen sich

Belinda Schulte-Wermlinghoff und Peter Esser an der Nettelbecke in Bochum-Stiepel – die hier teilweise unterirdisch verläuft, aber bald renaturiert wird. Foto: André Hirtz / FUNKE Foto Services

„Und das ist mehr, als die meisten wissen“, sagt Peter Esser, der wie die Kollegin schon als „Grundstücksentwässerungsberater“ Bochums Bürger zum Thema informierte. Vorsorge fange bei der klugen Bebauung eines Grundstücks mit Gefälle an („Ganz unten das Haus zu errichten, ist eher ungünstig“); es endet bei der Rückstausicherung im Keller. Es hat zu tun mit Verzicht auf Versiegelung („Die zweite Garage lässt sich vielleicht auch als Carport gestalten“) und Kleinigkeiten wie der Stufe vor der Haustür und dem Deckel auf dem Lichtschacht.

In Dortmund summierten sich die Schäden auf 17 Millionen Euro

Im Stiepeler Fall riet der Experte dem Hausbesitzer zu einem „Wellenbrecher“ vor der Zufahrt, über die sich das Regenwasser, gefüttert von zwei steil abwärts verlaufenden Straßen und zwei teils verrohrten Bachläufen, früher Zufluss verschaffte. Wie überdimensionierte Legosteine aus Beton sehen die aus, von einem Riesen zufällig dahin gewürfelt. Doch Peter Esser hat Lage und Ausrichtung exakt berechnet, so, dass die Hindernisse das Wasser direkt in die große Wiese neben dem Haus leiten, wo es nicht stört. Eine provisorische Lösung nur, bis zur Renaturierung eines der Bäche; aber eine, die taugt. Mitten in die Fluten hat sich der Ingenieur dafür gestellt und die Fließbewegungen analysiert.

Portrait Achim Mantke

„Die Städte brauchen Experten“, sagt Achim Mantke, Bereichsleiter der Stadt Bochum. Foto: André Hirtz / FUNKE Foto Services

„In alten Entwässerungskonzepten“, sagt Achim Mantke, Leiter des Bereichs Grundstückentwässerung bei der Stadt Bochum, „ging es nur ums Ableiten des Wassers über Rohre. Heute darf das Wasser an der Oberfläche bleiben. Es darf da nur keinen Blödsinn machen.“ Soll heißen: Schäden anrichten. Denn die können gewaltig sein: 2008, nach einem Starkregen in Dortmund, summierten sie sich dort auf 17 Millionen Euro.

Und bei jedem einzelnen Betroffenen hinterlasse eine Überflutung „nachhaltige Spuren“, sagt Peter Esser und erzählt von der Frau, die ihn im Juni 2013 anrief. In nur 90 Minuten waren damals in Bochum 80 Millimeter Regen – etwa acht Eimer – auf einen Quadratmeter gefallen. Im Haus der Anruferin hatte das Wasser die Kellersohle hochgedrückt. „Meine Waschmaschine steht ganz schief“, habe sie unter Tränen berichtet. Immer wieder.

„Was tun, damit der Keller nicht wieder vollläuft?“

Portrait Peter Esser

„Die Beratung tut nicht weh und ist zudem kostenlos“, verspricht Peter Esser. Foto: André Hirtz / FUNKE Foto Services

Ist für den Abend Gewitter angekündigt, melde sich aber nachmittags auch schon mal ein Bürger mit der Frage: „Was soll ich tun, damit mir nicht wieder der gerade neu eingerichtete Keller vollläuft?“ „Stellen Sie sofort hoch, was Ihnen lieb und teuer ist“, sagt Esser dann. „Und kommen Sie morgen zu mir.“ Die Beratung „tut nicht weh“, verspricht er; sie ist zudem kostenlos.

Trotzdem mussten sich die beiden Experten schon beschimpfen lassen. „Es heißt dann gern“, sagt Belinda Schulte-Wermlinghoff, „dass unser Kanalnetz zu knapp bemessen ist.“ Doch das sei „ganz gut in Schuss“. „Und Starkregen ist ein ganz anderes Ereignis!“ Eines, für das eben selbst das dickste Rohr zu klein sein kann. Schulte-Wermlinghoff erklärt das geduldig, und manchmal stelle sich dann heraus, dass der empörte Bürger selbst schuld an der Flut im Keller war. Etwa weil er vergessen hatte, die Pumpe anzustellen (wirklich passiert!). Als Starkregen-Berater muss man wohl Blitzableiter sein können.

„Nie unter der Rückstau-Ebene“

Portrait Belinda Schulte Wermlinghoff

Belinda Schulte-Wermlinghoff: „Ein typischer Fehler ist es, unterhalb der Rückstau-Ebene zu bauen.“ Foto: André Hirtz / FUNKE Foto Services

„Ein typischer Fehler“, sagt die Expertin, sei es, unterhalb der „Rückstau-Ebene“ zu bauen, also das Erdgeschoss tiefer zu legen als das „Straßenniveau am Anschlusspunkt des Kanals plus Bordsteinhöhe“. Esser empfiehlt Bauherrn, sich im Regen auf ihr Grundstück zu stellen und genau zu beobachten, wie sich das Wasser bewegt.

Zu Ortsterminen rücken auch die Starkregen-Berater regelmäßig aus. Weshalb in ihren Büros ordentliche Gummistiefel stehen. Klar. Aber keine Regenschirme. „Wenn wir raus müssen“, sagt Belinda Schulte-Wermlinghoff, „bringen die nichts mehr.“

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