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Starkregen-Check Kanalbetrieb: Arbeitshilfe erleichtert die Vorsorge – IKT unterstützt bei Umsetzung

Beitrag vom 14. Juli 2021
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Kanalreinigungsfahrzeug und Pkw auf überschwemmter Straße

Mit dem Starkregen-Check Kanalbetrieb lässt sich die eigene Starkregenvorsorge optimieren.

Starkregen hat Saison. Zurzeit gibt es fast jeden Tag neue Nachrichten von Sturzbächen über Straßen und durch Gärten, vollgelaufenen Kellern und gefluteten Unterführungen. Wenn es bisher noch nicht klar war: Jede Kommune muss sich heutzutage mit dem Thema Starkregenvorsorge auseinandersetzen. Schließlich kann ein Starkregen überall passieren. Doch wie geht man das Thema am besten an? Das Kommunale Netzwerk Abwasser (KomNetABWASSER) hat gemeinsam mit dem IKT und 13 Abwasserbetrieben eine praktische Arbeitshilfe entwickelt.

Starkregenvorsorge gemeinsam mit IKT umsetzbar

Der Starkregen-Check Kanalbetrieb ist aus dem Forschungsprojekt „Umgang mit Starkregenereignissen im Kanalbetrieb“ hervorgegangen, das 13 Netzbetreiber aus Nordrhein-Westfalen gemeinsam bearbeitet haben. Er dient Kanalbetrieben zur bestmöglichen operativen Vorbereitung auf Starkregen und hilft bei der Bewältigung einer möglichen Krisensituation. Es geht dabei konkret um einfache betriebliche und organisatorische Maßnahmen des Kanalbetriebs, die unmittelbar vor einem prognostizierten Ereignis schnell und zeitnah umgesetzt werden können. Die Dokumente des Starkregen-Checks stehen allen Abwasserbetrieben frei zur Verfügung. Auf Wunsch geht das IKT mit dem Abwasserbetrieb Schritt für Schritt die wichtigen Punkte durch und unterstützt dabei bis hin zum Störfall- und Notfallplan und den Gefährdungsbeurteilungen. Das Ganze kann jetzt auch digital und online erfolgen. Das Betriebspersonal wird bei Bedarf mit einem kurzweiligen Workshop eingebunden.

Der Starkregen-Check Kanalbetrieb besteht aus:

Das Deutsche Klimavorsorgeportal der Bundesregierung bündelt Daten, Informationen und Hilfestellungen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels

  • Checkliste „Starkregenmanagement im Kanalbetrieb“
  • Muster-Störfall- und Notfallplan
  • Gefährdungsbeurteilungen Starkregen

Checkliste zum Abarbeiten

Die Checkliste „Starkregenmanagement im Kanalbetrieb“ basiert auf der europäischen Normung, der landesrechtlichen Gesetzgebung sowie den Erfahrungen der beteiligten Abwasserbetriebe. Diese Checkliste soll dem Kanalbetrieb ermöglichen, die wichtigsten organisatorischen und betrieblichen Maßnahmen in chronologischer Reihenfolge abzuarbeiten und zu dokumentieren. Die zu definierenden Maßnahmen im Kanalbetrieb für den Starkregenfall reichen von der Vorsorge über die Bewältigung bis zur Nachsorge und Beratung weiterer Ämter.

Störfall- und Notfallplan nach DIN EN 752

Grafik Starkregen und Überflutung in Wohngebiet

Wo kann es im Starkregenfall brenzlig werden? Das steht im Störfall- und Notfallplan.

Die DIN EN 752 sieht im Rahmen des integralen Siedlungs­entwässe­rungs­manage­ments die Entwicklung eines Maßnahmenplans vor, der unter Berücksichtigung zukünftiger Bedingungen die hydraulische, umweltrelevante, bauliche und betriebliche Leistungsfähigkeit des Kanalsystems sicherstellen soll. Ein Teil dieses Maßnahmenplans ist der Störfall- und Notfallplan. Dieser sollte Informationen und Maßnahmen für Krisensituationen enthalten.

Muster-Dokumente entwickelt

Im Forschungsvorhaben wurde ein Muster-Störfall- und Notfallplan entwickelt. Die Inhalte und Erläuterungen des Störfall- und Notfallplans orientieren sich nicht nur an den Empfehlungen der DIN EN 752 sondern auch an den im Rahmen des Forschungsvorhabens ausgewerteten Betriebserfahrungen der 13 beteiligten Kanalbetriebe mit Starkregenereignissen sowie den Erfahrungen anderer Abwasserbetriebe aus dem Kommunalen Netzwerk der Abwasserbetriebe.

Portrait eines Manns mit grauen Haaren und blauem HemdJeden Tag sichern Kanalbetriebe die Funktion der Kanalisation und sind dafür rund um die Uhr in Bereitschaft. Der Umgang mit besonderen Betriebszuständen, wie sie bei Starkregen auftreten können, ist komplex. Der „Starkregen-Check Kanalbetrieb“ soll helfen, sich gut zu organisieren und nach einem Störfall- und Notfallplan zu handeln. Ich danke den Kanalbetrieben aus dem Kommunalen Netzwerk Abwasser und dem IKT für die vertrauensvolle und erkenntnisreiche Zusammenarbeit.
Ludger Wördemann, Leiter Kanalbetrieb Rheda-Wiedenbrück

Im Störfall- und Notfallplan werden wichtige organisatorische Abläufe und Zuständigkeiten festgelegt. Beispielsweise könnte bei einem Starkregenereignis außerhalb der Dienstzeit geregelt werden, dass Sofortmaßnahmen solange eigenverantwortlich vom Einsatzleiter der jeweiligen Rufbereitschaft geleitet werden, bis dieser die Einsatzleitung an einen anderen, zum Beispiel den Leiter Kanalbetrieb, übergibt. Darüber hinaus werden besonders gefährdete Bereiche im Stadtgebiet erhoben und in Plänen gekennzeichnet – Unterführungen, Rohrdurchlässe, Brücken, besondere Lagen von Tiefgaragen und so weiter.

Liegt ein Störfall- und Notfallplan vor, sind folgerichtig auch die bestehenden Dienst- und Betriebsanweisungen im Hinblick auf die getroffenen Regelungen für den Starkregenfall anzupassen. Darüber hinaus werden allgemeine Gefährdungsbeurteilungen und Gefährdungsbeurteilungen für Betriebspunkte hinsichtlich der möglichen Gefahren bei Starkregenereignissen überprüft und bei Bedarf optimiert.

Betriebspersonal einbinden

Workshop mit Betriebspersonal

Betriebspersonla einbinden – die Erfahrungen des Kanalbetriebs sind wichtig für das Vorsorgekonzept.

Die Erfahrungen des Kanalbetriebs bilden die Grundlage für spezifische Kontroll- und Wartungslisten und Tourenplänen, um bei entsprechenden Unwetterwarnungen die prekären Betriebspunkte anzufahren, zu kontrollieren und falls nötig zu reinigen. Ziel ist es, Sofortmaßnahmen bei Unwetterwarnungen an betriebsinternen Punkten und Bauwerken zu planen, bei denen es möglicherweise in der Vergangenheit schon zu Überflutungen gekommen ist und Vorsorgemaßnahmen einen großen Nutzen entfalten können.

Im Ergebnis werden für die einzelnen Betriebspunkte Risikoanalysen und Vorsorgekonzepte erstellt, insbesondere für die Pumpwerke, Drosselbauwerke und Einleitungsstellen. Auch für gefährliche Arbeiten im Starkregenfall wie das Öffnen von Schachtabdeckungen auf überfluteten Straßen oder das Entfernen von Verklausungen vor Rohrdurchlässen werden Gefährdungsbeurteilungen durchgeführt.

Strategische Umsetzung

Die Erfahrungen aus dem Forschungsvorhaben zeigen, dass große Anfangserfolge erzielt werden können, wenn ein Starkregen-Check für den Kanalbetrieb durchgeführt wird. Die Organisation der (ämterübergreifenden) Erreichbarkeiten, Meldewege und Abläufe in der Starkregenvorsorge sollte zudem in regelmäßigen Abständen überprüft werden. Organisatorische Abläufe und Ausstattungsmerkmale können stetig verbessert werden. Da nicht planbar ist, wann und ob überhaupt ein Starkregenereignis tatsächlich im Stadtgebiet eintreten wird, empfiehlt sich zur Überprüfung der getroffenen Maßnahmen die Durchführung von Praxis-Übungen im Kanalbetrieb. Auch regelmäßige Runde Tische mit allen beteiligten Ämtern haben sich im Forschungsprojekt bewährt. „In Krisen Köpfe kennen“ ist das Credo für eine erfolgreiche Bewältigung von Starkregenereignissen im Stadtgebiet.

Die Umsetzung der Starkregenvorsorge mithilfe des Starkregen-Check Kanalbetrieb ist sehr pragmatisch. Alle, die bisher dabei waren, sind ein gutes Stück in der Vorsorge vorangekommen und konnten das auch öffentlichkeitswirksam präsentieren. So hilft der Starkregen-Check die nächste Starkregensaison gut zu überstehen. Und die nächste. Und die nächste…

Ansprechpartner

Mirko Salomon, M.Sc.
Tel.: 0209 17806-25
E-Mail: salomon@ikt.de
www.komnetabwasser.de

 

„Mit vertretbarem Aufwand ein deutlich höheres Sicherheitsniveau erreichen“

Portrait Mann mit MikrofonMarco Schlüter, Leiter KomNetABWASSER, im Gespräch:

Von Starkregen betroffene Städte müssen sich mit der Situation zwangsläufig auseinandersetzen. Aber können auch andere Kommunen aus diesen Ereignissen etwas für die eigene Starkregenvorsorge lernen?
Merco Schlüter: Ja, es kann hilfreich sein, sich – im Nachhinein natürlich – von einer betroffenen Gemeinde die Fragen geben zu lassen, die in der Nachsorge des Starkregenereignisses gestellt wurden. Dann kann man versuchen, diese Fragen für sich ebenfalls zu beantworten. Wir im Kommunalen Netzwerk Abwasser haben zum Beispiel das Ereignis in Wuppertal im Jahr 2018 zum Anlass genommen und im Kreis der Netzwerkteilnehmer an den Fragen gearbeitet, die sich damals konkret gestellt haben. Unter anderem haben wir hieraus auch den „Starkregen-Check Kanalbetrieb“ abgeleitet.

Wie können Kommunen ihre Bürger denn überhaupt vor solchen lokalen Wetterkapriolen schützen?
Jeder Bürger ist nach §5 Wasserhaushaltsgesetz zunächst einmal selbst verantwortlich. Ein vollständiger Schutz ist nicht möglich. Es gibt jedoch Möglichkeiten vorzusorgen, und manchmal kann mit vertretbarem Aufwand schon ein deutlich höheres Sicherheitsniveau erreicht werden. Nach einer ersten Gefährdungsbeurteilung etwa auf Basis einer Starkregengefahrenkarte können die Risiken von der Kommune analysiert werden und sogenannte Hotspots bearbeitet werden. So können zum Beispiel risikobehaftete Fließwege durch Rückhaltung in Mulden entschärft werden oder Abflüsse gezielt in spezielle Notwasserwege umgelenkt werden. Im Netzwerk haben wir viele mögliche technische Lösungen gesammelt und einen <https://www.komnetabwasser.de/wp-content/uploads/2021/04/Bildkatalog-Bauwerke-Regenwasser-KomNetAbwasser.pdf>Bildkatalog gestartet.

Da muss doch sicher nicht jeder das Rad neu erfinden. Welche Hilfsmittel gibt es für Kommunen, die sich auf Starkregenereignisse vorbereiten wollen?
Hierzu hat das Land Nordrhein-Westfalen einen <https://www.flussgebiete.nrw.de/starkregen-7994>Leitfaden herausgebracht. Die drei wesentlichen Schritte sind: Gefährdungen erkennen, Risiken ermitteln und priorisieren und Aktionen für Maßnahmen festlegen. Im KomNetABWASSER haben wir hieraus einen konkreten <https://www.komnetabwasser.de/blog/zeit-und-massnahmenplan-zur-entwicklung-und-koordinierung-der-starkregenvorsorge/>Aktionsplan als kompakte Streichliste entwickelt, den die Kommunen verfolgen können. Darüber hinaus haben wir den <https://www.komnetabwasser.de/blog/starkregenvorsorge-der-7-punkte-plan-im-abwasserbetrieb/>7-Punkte-Plan für den Start in die Umsetzung aufgestellt. Und wir haben eine <https://www.komnetabwasser.de/blog/marktuebersicht-starkregenkarten-staedte-ingenieurbueros-und-software/>Übersicht der Kommunen veröffentlicht, die schon eine Gefährdungsanalyse zu Starkregen veröffentlicht haben.

Immer wieder hört man den Vorwurf, die Kanalisation sei zu klein. Stimmt das? Und ist Starkregenvorsorge also eine Aufgabe für die Abwasserbetriebe?
Die Kanalisation ist für ihre Aufgabe, das Abwasser und definierte Regenmengen abzuleiten, bestens ausgelegt. Eine Kanalisation, die die sehr selten auftretenden Wassermassen eines Starkregens aufnehmen kann, wäre ingenieurtechnisch betrachtet ineffizient und wirtschaftlich nicht tragbar. Die Abwassergebühr würde über alle Maßen teuer. Und so findet der Abfluss eines Starkregenereignisses planmäßig über das Oberflächensystem aus Straßen, Grünflächen und Grundstücken statt. Dieses System gilt es zu optimieren, um Schäden zu vermeiden. Das bedeutet dann auch, dass dies ein Thema für die gesamte Stadtgemeinschaft ist, das nur gemeinsam zu lösen ist. Deswegen arbeitet die kommunale Stadtentwässerung gemeinsam mit der Straßenplanung, dem Grünflächenamt und weiteren Fachämtern an guten Lösungen. Wir haben dazu die Rolle der Stadtentwässerung im Zusammenspiel mit den anderen Fachämtern in einem <https://komnetabwasser.de/wp-content/uploads/2019/05/kh_170405.pdf >Kommunalen Hinweis skizziert.

Wie hilft das IKT den Kommunen?
Zum Beispiel mit dem „Starkregen-Check Kanalbetrieb“. Das IKT hat das Konzept entwickelt und begleitet die Kommunen bei der Umsetzung einfacher betrieblicher und organisatorischer Maßnahmen des Kanalbetriebs. Da geht es nicht um aufwändige und kostenintensive Baumaßnahmen an bestehenden Netzen, sondern um schnelle, zeitnahe Eingriffe unmittelbar vor einem prognostizierten Ereignis, die helfen Schlimmeres zu verhindern.

Sie sprachen von der Eigenverantwortung der Bürger. Was können Immobilieneigentümer konkret tun?
Ein erster Schritt ist einfach getan: Man spielt in Gedanken durch, wie es wäre, wenn größere Wassermengen von außen auf das eigene Grundstück fließen. Dann erkennt man schon die eine oder andere Schwachstelle. Schutz können dann zum Beispiel Grundstückseinfassungen, Schwellen oder eine Änderung der Gefällesituation der Oberfläche bieten. Weitere Möglichkeiten bestehen in der Erhöhung von Hauseingängen und Lichtschachtoberkanten sowie im Einbau wasserdichter Kellerfenster und Türen.
Wenn die Kanalisation vollläuft, kann das Abwasser zurück in Richtung Haus stauen. Wer Ablaufstellen wie Bodeneinläufe, Duschen oder Toiletten im Keller hat, sollte diese dringend gegen Rückstau sichern. Fachbetriebe aus dem Bereich der Gebäudetechnik beraten hierzu.
Wird der Keller doch überflutet, können größere Schäden vermieden werden, wenn wertvolles Inventar nicht direkt auf dem Boden, sondern erhöht zum Beispiel auf Wandregalen gelagert wird. Besonders ist darauf zu achten, dass Heizöltanks gegen Auftrieb zu sichern sind. Denn wenn Heizöl austritt, kann es in das Mauerwerk eindringen und aufwendige Sanierungsmaßnahmen notwendig machen. Eine Wasserpumpe vorzuhalten, die einsatzbereit installiert ist, kann außerdem helfen, die Überflutung möglichst schnell zu beseitigen.
Und um den finanziellen Schaden zu begrenzen ist es ratsam, den eigenen Versicherungsschutz für Schäden durch Abwasser-Rückstau und Überflutung zu überprüfen.

 

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